Mitte April hat das Bundesverfassungsgericht den Berliner Mietendeckel für nichtig erklärt. Viele Vermieter haben auf das Urteil mit Erleichterung reagiert. Sie können nun zukünftig weiterhin von Mietsteigerungen profitieren. Auch Immobilienunternehmen wie Accentro Real Estate spielt die Entscheidung in die Karten. Accentro sitzt in Berlin und ist vor allem im Geschäft rund um die Wohnungsprivatisierung tätig. Die Gesellschaft kauft Immobilienbestände im Paket ein, modernisiert sie über eine Haltedauer von wenigen Jahren und veräußert sie danach an Kapitalanleger und Mieter.

Im Vorjahr übertrafen die Hauptstädter im Kernsegment der Einzelprivatisierung mit einem Verkaufsvolumen von knapp 119 Millionen Euro den Vorjahreswert um über acht Prozent. Allerdings erschwerte die Corona-Pandemie das Geschäft, sowohl beim Ergebnis als auch beim Umsatz lag Accentro Ende 2020 unter Vorjahr und blieb damit auch hinter den eigenen Prognosen zurück. Durch den Lockdown im Schlussquartal verschoben sich geplante Erlöse ins Jahr 2021, zudem schmälerten Einmalaufwendungen den Gewinn. Firmenchef Lars Schriewer blickt dennoch zuversichtlich in die Zukunft. "Bei uns stehen die Zeichen weiter auf Wachstum", sagt der Manager im Gespräch mit BÖRSE ONLINE. Schriewer rechnet im laufenden Jahr mit deutlich zweistelligen Umsatzund Ergebniszuwächsen. Der Umsatz soll zwischen 170 und 200 (Vorjahr: 125) Millionen Euro und das Ebit zwischen 45 und 50 (Vorjahr: 35) Millionen Euro liegen.

Die Verkaufspipeline von Accentro sei mit mehr als einer halben Milliarde Euro prall gefüllt, sagt Schriewer, der auch die Vermietung und den Immobilienbestand, der langfristig im Portfolio verbleibt, ausbauen will. Im Vorjahr hat Accentro mit dem Kauf von rund 2800 Wohnungen den Immobilienbestand bereits mehr als verdoppelt. "Wir werden weiter kräftig in den Ausbau unseres Portfolios investieren", prognostiziert Schriewer.

Die Berliner wollen so unabhängiger werden von politischen Entwicklungen - etwa der Forderung von Rot-Rot-Grün, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt genehmigungspflichtig zu machen. Nachdem der Mietendeckel vorerst vom Tisch ist, dürfte auch die Umsetzung dieser politischen Forderung kurzfristig unwahrscheinlich sein.

Die Aktie von Accentro ist günstig bewertet und hat Nachholpotenzial. Analysten von Warburg Research trauen dem Titel in den kommenden Monaten sogar eine Kursverdopplung zu.

Interview mit dem Chef der Berliner Immobilienfirma Accentro Real Estate "Berlin ist und bleibt für uns ein Topmarkt"


BÖRSE ONLINE: Der Berliner Mietendeckel wurde gerichtlich für nichtig erklärt. Was bedeutet das für Accentro Real Estate?
Lars Schriewer: Der Mietendeckel hat das Vertrauen in den Immobilienstandort Berlin nicht unbedingt gestärkt. Ich gehe deshalb fest davon aus, dass der Wegfall des Mietendeckels den Erwerb von Eigenheimen sowie Investitionen in dringend benötigten Wohnraum beflügeln wird. Das ist sicherlich der bessere Weg, um dem angespannten Berliner Wohnungsmarkt beizukommen. Berlin ist und bleibt für uns ein Topmarkt. Die Nachfrage nach Wohnungen ist ungebrochen groß.

Wie wird sich der Immobilienmarkt in Deutschland weiter entwickeln?
Wohneigentum ist nach wie vor eine der sichersten und rentabelsten langfristigen Vermögensanlagen. Der Anteil von Mietern, die ihre eigene Wohnung kaufen, steigt seit Jahren kontinuierlich. Zudem sucht nach wievor viel institutionelles Geld einen sicheren Hafen. Investieren in Betongold ist seit Langem ein Trend mit signifikant steigender Nachfrage. Daran wird sich auch in den kommenden Jahren nichts ändern.

2020 lag der Gewinn von Accentro Real Estate Corona-bedingt aber unter dem Vorjahr.
Was erwarten Sie in diesem Jahr? Vor Einmaleffekten hat Accentro 2020 ein Rekordergebnis erzielt. Auch das Verkaufsvolumen in der Einzelprivatisierung übertraf trotz erheblicher pandemiebedingter vertrieblicher Einschränkungen den Vorjahreswert. Bei uns stehen die Zeichen weiter auf Wachstum. 2021 streben wir eine Umsatzsteigerung von bis zu 60 Prozent an. Unsere Verkaufspipeline ist mit mehr als einer halben Milliarde Euro prall gefüllt. Sie ist das sichere Fundament für eine erfolgreiche Geschäftsentwicklung in den kommenden Jahren.

Accentro hat sich 2020 an der Börse unterdurchschnittlich entwickelt. Warum ist die Aktie Ihrer Meinung nach dennoch ein Kauf?
Unser Geschäftsmodell ist absolut intakt, unsere Bilanz solide. Und der Markt floriert. Unsere guten Perspektiven bestätigen auch Analysten, die Kursziele deutlich über der aktuellen Bewertung erwarten. Allein schon der Net Asset Value zeigt das Steigerungspotenzial in der Bewertung von Accentro Real Estate. Pro Aktie liegt er bei rund elf Euro und damit mehr als 40 Prozent über dem aktuellen Aktienkurs.