Das eindeutige Ergebnis im Wettstreit von S & P-500-Index und Nasdaq- Composite-Index lautet 103 : 0. Gemeint sind die Kursrekorde, die die jeweiligen Börsenbarometer im laufenden Bullenmarkt aufgestellt haben. Doch es kommt noch schlimmer für die Nasdaq: Die Leitindizes in diesem von Technologieaktien geprägten Handelssegment des US-Aktienmarkts warten nun schon seit 15 Jahren auf einen neuen Rekord.



Im Börsendasein ist das eine halbe Ewigkeit. Diese ernüchternde Bilanz bedeutet nichts anderes, als dass Indexinvestoren seit 15 Jahren vergeblich auf Kursgewinne warten. Trotzdem befürchten Anleger zum sechsten Geburtstag des laufenden Bullenmarkts eine neue Kursblase an der Nasdaq. Mit ein Grund dafür ist, dass der Nasdaq Composite im März kurzzeitig die schöne runde 5000-Punkte-Marke zurückerobern konnte. Dieses Kursniveau hat der Index in seiner Geschichte erst dreimal gesehen. Bis zu dem am 10. März 2000 aufgestellten Rekord von 5048,62 Punkten fehlt nicht mehr viel.

Auf diesem historisch bedeutsamen Level hat sich jetzt erst einmal etwas Höhenangst breitgemacht. Psychologisch ist das nachzuvollziehen, schließlich folgte auf den Rekord des Jahres 2000 ein rasanter Abstieg. Gestoppt wurde der Einbruch damals erst 31 Monate später bei 1114,11 Punkten. Dieses Minus von 78 Prozent hat sich in das Gedächtnis der Anleger eingeprägt. Viele fragen sich, ob jetzt wieder ein Wendepunkt erreicht ist. Zumal es für Überlegungen dieser Art gute Argumente gibt. So hat der Nasdaq Composite seit März 2009 bereits 286 Prozent zugelegt. Die Bewertung ist optisch gesehen anspruchsvoll. Warnungen gibt es von Expertenseite vor allem mit Blick auf das Treiben im vorbörslichen Segment. Dort wird mit Dollar-Milliarden für als aussichtsreich geltende Aufsteiger wie etwa Uber, Whatsapp oder Lending Club nur so um sich geworfen.

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Nicht günstig, aber auch nicht überteuert

Ansatzweise erinnert das Geschehen zwar an die Zeit um die Jahrtausendwende. Insgesamt steht das Segment aber derzeit auf solideren Beinen als damals. Diese These lässt sich mit Daten untermauern. So beträgt das 2015er-KGV für den Nasdaq- Composite-Index 21,3, während diese Kennziffer Ende 1999 unglaubliche 152 betrug. Beim Nasdaq-100-Index liegt das KGV sogar etwas tiefer bei 18,7. Zudem bewegt sich das erwartete Gewinnwachstum mit 22,9 Prozent über dem geschätzten KGV. Das gilt erst recht für den Nasdaq-Composite- Index, bei dem die Gewinnsteigerung sogar bei gut 46 Prozent gesehen wird. Gemessen am KGV von 17,5 für den S & P- 500-Index sind die Nasdaq-Werte zwar höher bewertet, doch der Aufschlag fällt historisch gesehen niedrig aus, und die Gewinnaussichten sind bei den Nasdaq- Werten im Schnitt deutlich höher.

Selbst die Kursgewinne der vergangenen Jahre relativieren sich im historischen Kontext. Wie Investor Lou Kerner vom The Social Internet Fund vorrechnet, sind die Kurse an der Nasdaq von März 2005 bis März 2015 um 9,1 Prozent gestiegen. Das ist sogar etwas weniger als der 44-Jahres- Schnitt von 9,3 Prozent und deutlich moderater als das von Januar 1990 bis Januar 2000 verbuchte Durchschnittsplus von 26,5 Prozent jährlich. Ebenfalls interessant: Der Anteil, den Techunternehmen zur Marktkapitalisierung des S & P-500- Index beisteuern, liegt mit knapp 20 Prozent unter dem langfristigen Durchschnitt und erheblich unter den im März 2000 erreichten 35 Prozent.



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Selektion ist Trumpf

So gesehen ist an der Nasdaq derzeit verglichen mit dem Gesamtmarkt keine so ausgeprägte Übertreibung wie vor 15 Jahren festzustellen. Wobei sich das allerdings etwas durch die aktuell ziemlich hohe Bewertung der US-Börse relativiert. BÖRSE ONLINE entzieht sich dieser Blasengrundsatzdiskussion, indem auf einen bewährten Ausleseansatz zurückgegriffen wird. Dieser sieht eine Kombination aus intaktem charttechnischem Aufwärtstrend, vorhandenem Kursmomentum und einer vertretbaren Bewertung vor. Im Favoritenkorb hängen geblieben sind acht Nasdaq- Vertreter, denen mittelfristig eine solide bis überdurchschnittliche Entwicklung zuzutrauen ist.



Als echte Wachstumsmaschinen stufen Analysten die ersten drei Werte ein. Am größten ist der Optimismus bei Amag Pharmaceuticals. Dem Biopharmakonzern wird in den kommenden fünf Jahren ein Gewinnwachstum von 71 Prozent zugetraut. Zu beachten ist allerdings das in dieser Branche erhöhte Risiko. So kommt es darauf an, dass sich die Hoffnungen auf ein Medikament erfüllen, das zur Prävention von Frühgeburten eingesetzt werden soll. Bei einem einstelligen KGV scheinen viele Risiken aber schon berücksichtigt zu sein.

Ein mehr als ordentliches Gewinnplus erwarten die Analysten mit 43,3 Prozent jährlich für die kommenden fünf Jahre bei Jetblue Airways. Die Lufthansa trennt sich zwar gerade von ihren Anteilen an dem USBilligflieger, aber an den Geschäftsaussichten kann das nicht liegen. Im Februar stieg der Umsatz pro Passagiermeile um zehn Prozent, für das erste Quartal wurde die Kapazitätsauslastungsprognose erhöht. Der Kurs flog daraufhin auf neue Mehrjahreshochs, was den intakten Aufwärtstrend untermauert.



Seit dem Börsengang im August 2008 kannte die Aktie von Avago Technologies praktisch nur den Weg nach oben. In diesem Jahr stellte der Titel schon munter reihenweise neue Rekorde auf. Dieser Trend könnte anhalten. Der Halbleiterhersteller hat gute Zahlen für das abgelaufene Quartal vorgelegt und blickt optimistisch nach vorn. Analysten veranschlagen dank der zum LTE-Smartphone-Boom passenden Produkte das jährliche Gewinnwachstum in den nächsten fünf Jahren auf im Schnitt fast 30 Prozent. Damit bewegt sich das Verhältnis von Gewinnwachstum zu KGV bei moderaten 0,5.

Die nächsten drei Unternehmen wachsen voraussichtlich nicht ganz so rasant. Mit prognostizierten Gewinnsteigerungsraten von fast 20 Prozent haben aber auch sie gute Aussichten auf Kursgewinne. Beim Webhosting-Dienstleister Endurance International Group Holdings beispielsweise rechnen Analysten im Schnitt mit einem Ergebnisplus von 19,5 Prozent. Schon im kommenden Jahr sollen je Aktie 1,70 Dollar herausspringen, wodurch sich eine moderate Bewertung ergibt. Als Ritterschlag ist zu werten, dass der Titel zu den zehn größten Werten im Fidelity Select IT Services Fund gehört. Denn dabei handelt es sich seit dem Jahr 2000 um den besten US-Techfonds.

Mit einem extrem niedrigen Kurs-Gewinnwachstums- Verhältnis ist Synaptics ausgestattet. Einem KGV für 2016 von 11,6 steht eine erwartete mittelfristige Gewinnwachstumsrate von 18 Prozent gegenüber. Das wird dem aussichtsreichen Geschäftsfeld nicht ausreichend gerecht, in dem sich der Anbieter von Tastfeldern für Smartphones und Tablets bewegt. Ein sehr gutes Quartalsergebnis hat aber dabei geholfen, eine im zweiten Halbjahr 2014 schwächere Performance fast vergessen zu machen.

Als klein, aber fein kann der Mitfavorit 1st Constitution Bancorp eingestuft werden. Wir haben das erst 1989 gegründete Kreditinstitut mit aufgenommen, um zu zeigen, dass sich an der Nasdaq auch interessante Vertreter abseits des Techsektors tummeln. Analysten sagen ein Gewinnplus von 18,3 Prozent für die nächsten fünf Jahre voraus. Weil das Finanzinstitut bisher nur im Bundesstaat New Jersey mit 19 Filialen tätig ist, besteht hier langfristig noch viel Wachstumspotenzial. Die Aktie honoriert das mit Mehrjahreshochs, und ein moderates KGV von zehn für 2015 lässt weiter Luft nach oben.

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Erfolgreiche Netzwerkprodukte

Nach einer ewig langen Bodenbildungsphase ist die Aktie von Brocade Communications Systems im Vorjahr endlich auf neue Mehrjahreshochs vorgedrungen. Wunder sind von dem Anbieter von Netzwerklösungen zwar nicht zu erwarten, und auch Analysten stehen dem Unternehmen ein wenig reserviert gegenüber, aber die Gesellschaft hat mit ihren Produkten bewiesen, dass sie sich durchaus gegen viel größere Konkurrenten wie Cisco Systems behaupten kann. Auf dieser Basis scheinen mittelfristig Gewinnanstiege von fast zehn Prozent möglich, was angesichts der moderaten Bewertung einen anhaltenden Aufwärtstrend verspricht.

Nach zwei Jahren Sendepause hat die im Nasdaq-100-Index vertretene Aktie von Ebay jüngst mit dem Ausbruch auf neue Hochs ein überzeugendes charttechnisches Kaufsignal gesendet. In die Notiz des Online-Auktionshauses scheint somit wieder mehr Zug zu kommen. Zu verdanken ist das vor allem der geplanten Abspaltung von Paypal. Der Bezahldienst gilt als Juwel des Konzerns. Die Abspaltung soll helfen, den wahren Wert dieses Teils des Unternehmens offenzulegen.



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