Für Martin Richenhagen ist die Mission klar: Make Agco great again! Der deutsche Chef des US-amerikanischen Landtechnikunternehmens strebt klar an, den Mutterkonzern von so renommierten Marken wie Fendt, Massey Ferguson oder Valtra zur weltweiten Nummer 2 der Branche zu machen.

Doch um auf den Platzhirsch John Deere aufzuschließen, muss Richenhagen zum einen die vom Fiat-Clan dominierte CNH Industrial (Case, New Holland) überholen. Zum anderen muss Agco erst mal wieder die Zehn-Milliarden-Dollar-Marke beim Umsatz erreichen, die 2013 schon mal zu Buche stand. 2016 betrug der Agco-Umsatz gerade mal 7,41 Milliarden US-Dollar.

Im Jahr 2013 schrieben fast alle Landtechniker Rekordumsätze und -gewinne, jahrelang war es stramm bergauf gegangen. Doch dann erwischte der sogenannte Schweinezyklus der Agrarrohstoffe die Hersteller von Traktoren, Mähdreschern oder Häckslern. Das Einkommen der Bauern weltweit sank, ihre Investitionsbereitschaft damit auch.

Zu den weltweit fallenden Preisen für Weizen und Mais kamen auch noch politische Belastungen. Russland, eigentlich als einer der größten Wachstumsmärkte für die Branche in künftige Absatzplanungen einkalkuliert, schirmte sich zuerst auf Intervention der heimischen Hersteller durch hohe Importzölle gegen westliche Konkurrenz ab. Auf die Ukraine-Krise und die darauf vom Westen verhängten Sanktionen reagierte Präsident Wladimir Putin dann mit einem Importverbot für westliche Agrargüter wie Milch oder Obst - was die Bauern in Europa und besonders in Deutschland empfindlich traf. Zusätzlich wurde der Import moderner Landtechnik fast gänzlich gestoppt.

Doch auch in anderen Landtechnikmärkten sorgte politische Unsicherheit für Kaufzurückhaltung. Im Agrarland Brasilien lähmte ein Korruptionsskandal, in den zahlreiche Regierungsmitglieder verwickelt sind, die wirtschaftliche Entwicklung. Der Umsatzrückgang traf nicht nur Lateinamerika-Marktführer Agco mit zweistelligen jährlichen Raten. Und in Frankreich, nach Deutschland für Landtechniker der zweitwichtigste Markt in Europa, traten die Bauern in eine Art Käuferstreik, weil die Regierung Hollande ihnen kaum Perspektiven eröffnen konnte.

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Agrarmärkte vor der Trendwende



Wenn man den Schweinezyklus der Agrarpreise mit sieben Jahren ansetzt, müsste die Durststrecke für Landtechniker wie Agco noch drei Jahre dauern. Doch tatsächlich sanken die Preise vieler Erntegüter schon vor dem Hoch 2013. Eine Trendwende beim Investitionsverhalten der Bauern halten viele Experten deshalb schon 2017 für möglich. Zudem nimmt der Druck für Ersatzinvestitionen gerade bei den Großlandwirten deutlich zu.

Die Kursgewinne der Agco-Aktie in den vergangenen Monaten sind aber vor allem auf das Engagement von professionellen Investoren zurückzuführen. So hat etwa die indische "Traktorkönigin" Mallika Srinivasan, an deren Tafe-Konzern Agco eine Finanzbeteiligung von rund 20 Prozent hält, für mehr als eine halbe Milliarde Dollar Anteile zugekauft.

Die mageren Jahre hat Agco nämlich für Investitionen in moderne Fabriken, deutliche Kostensenkungen, die Umsetzung einer Plattformstrategie, den Bau von neuen Werken in China oder den Aufbau eines Vertriebs im südlichen Afrika genutzt. Zieht der Umsatz an, dürften die Gewinne überproportional zulegen.

Weil der Schuldenstand gering und Fremdkapital günstig ist, gehörte auch dazu, Umsatz durch Übernahmen zuzukaufen, die den Konzern breiter in der Agrarbranche verankern. Die Getreidelager-Tochter GSI wurde 2016 durch den Kauf des vor allem im afrikanischen Wachstumsmarkt sehr präsenten dänischen Spezialisten Cimbria gestärkt.

In dieses Bild passt auch das Übernahmeangebot von Agco für den Getreidelagerspezialisten Kepler Weber aus Brasilien. Der Verfall der Preise für Agrarrohstoffe hat bei den Landwirten weltweit zu einem Umdenken geführt. Lieferten sie früher ihre Ernte sofort bei den großen Aufkäufern wie der Baywa in Deutschland oder den globalen Marktführern Cargill und Bunge ab, setzen sie inzwischen vermehrt auf eigene Lager, um bessere Verkaufszeitpunkte abzuwarten.

35 Prozent der Kepler-Anteile von zwei Großaktionären hat sich Agco schon Anfang des Jahres gesichert, für den Rest soll in diesen Tagen ein Übernahmeangebot vorgelegt werden. Die Brasilianer kosten im Vergleich zur Bewertung vor einem Jahr nur mehr die Hälfte - rund eine Milliarde Dollar, was ungefähr dem Fünffachen des Jahresumsatzes entspricht. Angesichts der jüngsten Kepler-Zahlen ist der Preis noch gerechtfertigt.

Martin Richenhagen ist kein ausgewiesener Trump-Fan, als Berater der US-Regierung auch schon unter Barack Obama wird er ihn diese Woche noch treffen. Deutliche Impulse zum Vorteil der US-Farmer erwartet man sich bei Agco eher vom neuen US-Landwirtschaftsminister Sonny Perdue. Die Weichen für künftiges Wachstum hat der Konzern allerdings selbst gesetzt. Und die "always growing" genannte Strategie von Agco ist international angelegt.