1: Die Welt wächst uneinheitlich
Die Weltwirtschaft sollte ihr Wachstum
weiter beschleunigen: Ich rechne für 2015
mit einem Plus von 3,6 Prozent. Allerdings
ist dieses Wachstum sehr ungleich verteilt.
Während die US-Konjunktur mit prognostizierten
3,5 Prozent noch einmal zulegen
könnte, könnten Deutschland und der Euroraum
mit jeweils 0,8 Prozent deutlich zurück
bleiben. China befindet sich mitten in
einem wirtschaftlichen Umbruch hin zu einer
nachhaltigeren Wirtschaftspolitik, die
stärker am Konsum ausgerichtet ist. Das
kostet Wachstum, aber mit 7,0 Prozent sollte
am Ende doch ein gesundes Plus stehen.
2: Das Ende der Nullzinspolitik
2015 gehen die Notenbanken getrennte
Wege. In den USA und Großbritannien
dürften sie im Laufe des Jahres ihre Leitzinsen
anheben und damit das Ende der Nullzinspolitik
einleiten. In Japan und dem Euroraum
erlaubt die schwache Konjunktur dies
nicht. Hier sollten die Zinsen extrem niedrig
bleiben. Außerdem wird die Europäische
Zentralbank vermutlich mit dem Ankauf
von Staatsanleihen beginnen, um eine Deflation im Euroraum abzuwenden - ob sie
ihr Ziel erreicht, bleibt abzuwarten.
3: US-Dollar wertet weiter auf
Der US-Dollar ist gegenüber dem Euro und
anderen wichtigen Währungen deutlich
stärker geworden. Dieser Trend sollte sich
2015 fortsetzen - auch deshalb, weil
US-Anlagen dank steigender Zinsen für
ausländische Investoren attraktiver sind.
Die Rohstoffmärkte, an denen meist in
US-Dollar gehandelt wird, könnten 2015
unter Preisdruck bleiben.
4: Steigende Zinsen bei Staatsanleihen
Die Zinsen für Staatsanleihen guter Bonität
könnten 2015 leicht steigen: Bei zehnjährigen
Bundesanleihen erwarte ich zum Jahresende
eine Rendite von 1,1 Prozent. Die
lockere Geldpolitik der EZB wird dafür sorgen,
dass der Höhenflug begrenzt bleibt -
Rentenanleger können noch nicht aufatmen.
5: Rendite aus den Schwellenländern
Um interessante Renditen am Rentenmarkt
zu erzielen, müssen Anleger 2015 stärker
ins Risiko gehen. Fündig werden sie vor allem
bei Schwellenländer-Anleihen in Lokalwährung,
die aktuell eine durchschnittliche
Rendite von 6,3 Prozent aufweisen. Die
hohe Verzinsung ist auch ein Puffer gegen
mögliche Kursverluste. Breite Risikostreuung
und professionelles Management sind
bei dieser Anlageklasse Pflicht.
6: Immobilien statt Minizinsen
Immobilien bleiben 2015 eine interessante
Anlageklasse, auch als Alternative für Rentenanleger.
Ich favorisiere erstklassige
Büro- und Einzelhandelsobjekte in den
USA, aber auch an ausgewählten Standorten
in Europa und Asien.
7: Volatile Aktienmärkte in Europa und den USA
2015 geht bei entsprechendem Chance-Risiko-
Profil kaum ein Weg an Aktien vorbei. Für
europäische Papiere sprechen unter anderem
die recht günstige Bewertung und der
schwache Euro, dagegen der Reformstau
und der unsichere Wachstumsausblick im
Euroraum. Stabiler dürften sich US-Aktien
entwickeln - mit positivem Überraschungspotenzial.
Zu berücksichtigen dabei ist ein
mögliches Währungsrisiko.
8: China, Indien und Co im Aufwind
Für entsprechend risikobereite Anleger bleiben
Schwellenländer-Aktien aussichtsreich
- aber nur aus Ländern, die wirtschaftliche
Reformen anpacken und ihre Märkte liberalisieren.
Das trifft zum Beispiel auf China, Indien
und Indonesien zu, während in Brasilien
und Russland die Risiken überwiegen.
9: Alte Risiken bleiben, neue kommen hinzu
Geopolitische Spannungen, etwa in der
Ukraine und im Nahen Osten, könnten
die Finanzmärkte weiter beeinträchtigen.
Aktienanleger sollten generell mit stärkeren
Schwankungen rechnen. Ein Auslöser
könnten die 2015 anstehenden Parlamentswahlen
in mehreren europäischen Ländern
sein. Zu einem zusätzlichen Risiko könnte
eine weitere Aufwertung des US-Dollar
werden: Das aber nur dann, wenn Euro und
Yen zum US-Dollar zu stark und zu schnell
an Wert verlieren.
10: Das Portfolio macht den Unterschied
Um das Verhältnis von Renditechance und
Risiko zu verbessern und auf Überraschungen
an den Finanzmärkten besser vorbereitet
zu sein, sollten Anleger ihr Vermögensportfolio
breit streuen - zum Beispiel
über Anlageklassen, Regionen und Währungsräume.
Für Anleger, die keine Zeit haben,
die Märkte regelmäßig zu beobachten,
können Multi-Asset-Fonds interessant sein,
die in mehrere Anlageklassen investieren
und aktiv gemanagt werden.
Fazit: Globale Expertise ist notwendig
Das Jahr 2015 sollte wieder interessante
Chancen für Anleger bieten, doch
die Herausforderungen dürften zunehmen:
Zum einen gilt es, schnell auf
geopolitische Entwicklungen und Zinsänderungen
reagieren zu können, zum
anderen, weltweit die passenden Investments
zu finden. Ich halte aktuell
einen Aktienanteil von rund 50 Prozent
für das Anlageziel "Balance" für sinnvoll.
Flexibel gemanagte Anleihen bleiben
als Beimischung interessant, ebenso
ausgewählte Immobilieninvestments.
deutsche-bank.de/jahresausblick2015