"Börsen im Hausse-Stadium", lautete die Überschrift an dieser Stelle zu meiner letzten Analyse des allgemeinen Börsenklimas vor etwas mehr als vier Wochen. Damals lautete das Fazit, dass sich das Chance/Risiko-Verhältnis für Aktienanlagen im Allgemeinen weiter verbessert hatte.
Seither stieg das Kursniveau 50 internationaler Börsenindizes im Mai im Durchschnitt um knapp 0,5 Prozent und der DAX notiert nach einer wahren Berg- und Talfahrt wieder über seiner psychologisch wichtigen Kursmarke von 10.000 Indexpunkten. Mehrere Male fiel der deutsche Leitindex allerdings im zurückliegenden Monat unter seine dieses Niveau, fand aber bei 9.800 Indexpunkten immer wieder eine tragfähige Unterstützung.
Aktienklima-Indikator über 3 Jahre
Der Aktienklima-Indikator konnte sich im Mai durchgehend über seinem Schwellenwert bei 1,0 halten (Bild 1). Der kleine schwarze Pfeil zeigt Ihnen den Stand des Indikators zum Zeitpunkt der letzten Analyse Ende April. Nach einem leichten Rücksetzer im Monatsverlauf nahm die Börsenampel den Aufwärtstrend zuletzt wieder auf. Der gleitende Durchschnitt (blaue Linie) war davon die ganze Zeit nicht betroffen und strebt ebenfalls weiter nach oben. Damit kann die Aussage getroffen werden, dass das allgemeine Momentum an den internationalen Börsen - und damit die generelle Schwungkraft - weiter aufwärts gerichtet ist und das letzte Kaufsignal (s. blauer Pfeil rechts unten) weiter seine Gültigkeit hat.
Auf Seite 2: Bewertung ausgesuchter Märkte hinsichtlich ihrer technischen Qualität
Bewertung ausgesuchter Märkte hinsichtlich ihrer technischen Qualität
Da sich sowohl das durchschnittliche Kursniveau als auch das Momentum seit der letzten Untersuchung nur minimal verändert haben, hat sich auch hinsichtlich der Bewertung der hier beobachteten Märkte nicht viel getan (Bild 2). Die Balkengrafik zeigt Ihnen eine Reihe von weltweiten Märkten, deren jeweilige Trendqualität in Form unseres bekannten Schulnotensystems bewertet wird. Dadurch kann auch ein Börsenlaie die Aussage dieser Grafik sofort verstehen.
Vor einem Monat lag die durchschnittliche Bewertung bei 3,0 ("befriedigend"), aktuell liegt der Mittelwert bei 2,95 - mithin eine minimale Verbesserung. Damit lässt sich nach diesem Modell das gegenwärtige Aktienklima als durchaus befriedigend einschätzen.
Auffallend ist die vergleichsweise gute Verfassung der deutschen und der US-amerikanischen Teilindizes, die mit ihrer Bewertung über dem Mittelwert (s. gestrichelte Linie) liegen. Dies gilt im Übrigen auch für die die klassischen "Rohstoff-Börsen" wie Toronto, Sydney und Moskau, in deren Indizes viele Goldminen- und Öl-Aktien gelistet sind. Diese profitieren von der tendenziell laufenden Erholung bei Rohstoffen wie Gold, Silber und Erdöl.
Auf Seite 3: Trendbarometer Internationale Indizes
Trendbarometer Internationale Indizes
Wie sieht es denn mit dem Trend an den internationalen Börsen auf den unterschiedlichen Zeitebenen (kurz-, mittel- und langfristig) aus? Eine Antwort darauf gibt Ihnen die Abbildung 3. Die fortgesetzte Erholung, die wir in den letzten Wochen an den Börsen beobachten konnten, führte dazu, dass sich der langfristige Trend (= blaue Nadel) an den Börsen etwas verbessert hat, und zwar um 0,5 Punkte von 4,5 per Ende April auf aktuell 4,0, was einem "ausreichend" entspricht. Bedenken Sie: Die Einschätzung auf langfristiger Ebene ändert auch nur entsprechend langsam!
Sehr viel stärker fällt hingegen die Veränderung auf kurzfristiger Sicht aus. Die rote Nadel zeigt hier eine gute bis sehr gute Trendqualität (Note 1,5), die wir derzeit an den Börsen registrieren können. Die orangefarbene Nadel, die den mittelfristigen Trend widergibt, hat sich zum Vormonat nicht so stark verändert und zeigt mit einer Bewertung von 2,1 eine gute allgemeine Trendqualität auf mittelfristiger Sicht. Alles in allem hat sich die durchschnittliche Trendrichtung an den Börsen im Monatsvergleich etwas verbessert, und zwar von 3,1 Ende April auf jetzt 2,5 (grüne Nadel).
Auf Seite 4: Änderung wöchentlich steigender und fallender Kurse 01/2015 - 05/2016
Änderung wöchentlich steigender und fallender Kurse 01/2015 - 05/2016
Wie sich das Verhältnis von wöchentlich steigenden (blau) zu fallenden Aktienkursen (rot) für eine große Anzahl deutscher und internationaler Aktien darstellt, sehen Sie in Abbildung 4. Vor einem Monat sah es noch so aus, als wenn nach einer langen Durstrecke mit einer bärischen Übermacht (s. rote Linie) endlich wieder Licht am Ende des Tunnels für die Bullen zu sehen wäre. Es kam nämlich zum Zeitpunkt der letzten Analyse nach vielen Monaten endlich mal wieder zu einer Überkreuzung der beiden Linien, so dass die blaue über der roten Linie lag. Leider setzte sich dieser Trend nicht in dem Maße fort wie man vielleicht erhofft hatte. Es kam zu Irritationen und eine erneute Überkreuzung folgte. Aktuell liegt die blaue Linie zwar wieder über der rote, das heißt, dass wir auf Wochenbasis derzeit minimal mehr Aktien mit einem kurzfristig steigenden Trend vorliegen haben, aber so richtig geplatzt scheint der Knoten noch nicht zu sein.
Welches Fazit lässt sich nun aus den gezeigten Beobachtungen ziehen? Die Börsen befinden sich gemäß Aktienklima-Indikator weiter im Hausse-Stadium. Die allgemeine Trendqualität lässt sich als gut bis befriedigend einstufen. Vor diesem Hintergrund lehne ich mich mit der gewählten Überschrift sicherlich ziemlich weit aus dem Fenster. Denn: Ob es möglicherweise zu einem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union kommen wird (Brexit), ist zu diesem Zeitpunkt reine Spekulation und kann deshalb logischerweise in die Bewertung nicht mit einfließen. Ein solcher Schritt könnte natürlich zu Verwerfungen an den Märkten führen. Ich kann mich nur auf die derzeitige Trendqualität der Märkte stützen und die erlaubt es Ihnen, in Qualitätsaktien investiert zu bleiben.
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Ralf Goerke beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit technischer Analyse und ist Autor des wöchentlich erscheinenden Börsenbriefs "MomentumInvestor" und des Buches "Zur richtigen Zeit im richtigen Markt".