Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist im Juli auf 88,6 (Vormonat: 92,2) Punkte und damit stärker als erwartet gefallen. "Deutschland steht an der Schwelle zur Rezession", kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Zu Materialengpässen und Preissteigerungen komme nun die Unsicherheit über die Gasversorgung. Ob es tatsächlich zu einer Rezession kommt, hängt laut Ifo-Institut nun von den Gas-Lieferungen aus Russland ab. "Der russische Präsident Putin hat es praktisch in der Hand: Wenn er weiter Gas liefert, wird es keine Rezession geben", sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.
Eine Branche kann sich der schlechten Stimmung entziehen
Die einzige Branche, in der der Pessimismus weniger stark ausgeprägt ist, ist Wohlrabe zufolge die Autoindustrie und deren Zulieferer. Vor allem die Hersteller von Premiumfahrzeugen wie BMW und Mercedes-Benz können die gestiegenen Kosten über höhere Preise an ihre Kunden weitergeben. Ansonsten verfügen die deutschen Industriekonzerne zwar noch immer über ein kräftiges Auftragspolster, das sie nun nach und nach abarbeiten. Doch die Auftragseingänge laufen spärlicher ein, und die Verunsicherung unter den Unternehmen wird größer.
So dürften viele DAX-Konzerne in der bevorstehenden Berichtssaison kaum noch konkrete Ausblicke geben - und das paradoxerweise, obwohl sie für das abgelaufene Quartal noch Rekordgewinne vermelden. Die Experten der Berenberg Bank rechnen damit, dass die Gewinnerwartungen für börsennotierte Konzerne sowohl in den USA wie in Europa unter Druck geraten. Es sei mit "deutlichen Anpassungen nach unten" zu rechnen, heißt es im Märkte-Monitor von Berenberg. "Negative Gewinnrevisionen waren bisher kaum zu beobachten. Diese dürften aber deutlich an Fahrt aufnehmen, was historische Vergleiche zeigen."
Die Nervosität am Aktienmarkt nimmt zu
So neigten Analysten dazu, bei Wendepunkten der Konjunktur künftige Gewinne zu positiv einzuschätzen. In den laufenden Gewinnschätzungen sei die Konjunkturabkühlung bei weitem noch nicht eingepreist. Ähnliche Einschätzungen vertritt auch die DZ Bank. Die Nervosität der Investoren nehme deshalb zu, und das spiegele sich im hektischen Auf und Ab an den Aktienmärkten.
Besonders im Fokus dürften diese Woche die US-Notenbanksitzung Fed am Mittwoch stehen. Experten rechnen mit einer Zinsanhebung von 0,75 Prozentpunkten, manche sogar mit einem Prozentpunkt. Im Fokus der Berichtssaison stehen vor allem die großen US-Techkonzerne: Alphabet, Microsoft und Amazon legen am Dienstag und Mittwoch ihre Zahlen vor. Daneben gibt es Quartalsberichte von Industrieriesen wie GE und GM und Konsumkonzernen wie Coca-Cola, Mondelez. Auch der Schweizer Branchenriese Nestle legt seine Zahlen vor.
In Deutschland öffnen BASF und Deutsche Bank die Bücher, außerdem Mercedes und Volkswagen. Dort sorgt ein Wechsel an der Führungsspitze derzeit für Verunsicherung unter Investoren: Der umstrittene Konzernchef Herbert Diess wird von Porsche-Chef Oliver Blume abgelöst.