Zucker per se ist kein Problem - letztlich ist er eine unverzichtbare Energiequelle. Als Grundnahrungsmittel ist er genauso wie Mehl, Stärke, Reis, Öle, Fleisch oder Eier in vielen Lebensmitteln enthalten. Heikler sind jedoch diverse Zuckerzusätze in verarbeiteten Lebensmitteln. Nahrungsmittel werden seit knapp zwei Jahrhunderten industriell verarbeitet, bevor sie auf unseren Tellern landen: Lebensmittelhersteller verwenden hierfür unter anderem Geschmacksverstärker wie Salz, Fett und Zucker und machen ihre Produkte so für den Verbraucher als Süßungsmittel, Haltbarmacher oder Färbemittel attraktiver.

Die Annahme, dass sich übermäßiger Konsum des kristallinen Lebensmittels negativ auf die Gesundheit auswirken kann, ist inzwischen weitverbreitet. Welche Kosten der Süßstoff unserer Gesellschaft als Ganzes aufbürdet, bleibt jedoch weitestgehend im Verborgenen. Es gibt immer mehr Belege dafür, dass Zucker eine der Hauptursachen für Fettleibigkeit sein könnte, nachdem man bisher den Fettkonsum dafür verantwortlich gemacht hatte. Aktuelle Studien stellen zudem einen Bezug zwischen Zuckerkonsum und Stoffwechselkrankheiten her. Die Folge: Adipositas, Diabetes, Gicht sowie andere dieser metabolischen Krankheiten haben in den letzten 50 Jahren stark zugenommen - und die damit verbundenen Kosten explodieren lassen.

Die gesellschaftlichen Kosten werden untragbar hoch. Schätzungen zufolge belaufen sich die Gesundheitsausgaben infolge schlechter Ernährung auf ein bis zwei Prozent des Welt-Bruttoinlandsprodukts (BIP). Frankreich beziffert die jährlichen Aufwendungen für die Behandlung von schwergewichtigen Personen beispielsweise mit 20 Milliarden Euro. Nicht nur deshalb fordert die WHO schon seit Längerem, den Zuckergehalt in Lebensmitteln und Getränken spürbar zu senken. Im Jahr 2015 aktualisierte sie ihre Empfehlung für den Zuckerkonsum: Sie empfiehlt nach wie vor, dass sowohl Erwachsene als auch Kinder ihren Konsum von freiem Zucker auf weniger als zehn Prozent der gesamten Energiezufuhr reduzieren sollten. Um die Gesundheit noch stärker zu schützen, rät sie allerdings zu einer weiteren Reduzierung auf unter fünf Prozent.

Vor allem aufgrund neuer staatlicher Regulierungen und weil die Verbraucher gesunde Nahrungsmittel und mehr Transparenz einfordern, bemühen sich Nahrungsmittelhersteller seit einiger Zeit vermehrt um neue Rezepturen und eine bessere Kennzeichnung. Die Entwicklung neuer Rezepte - die den Kunden so schmecken, dass sie auch nicht abwandern - ist eine kostspielige Herausforderung für die Industrie.

Im Großen und Ganzen lässt sich hier jedoch eine begrüßenswerte Tendenz hin zu gesünderen Produkten beobachten. Dabei wird viel Wert auf einen niedrigeren Zuckeranteil gelegt. Und zwar nicht nur, weil es sich der Verbraucher ausdrücklich wünscht, sondern auch weil immer mehr Staaten weltweit sogenannte Zuckersteuern einführen. Großbritannien etwa erhebt auf Softdrinks, die mehr als fünf Gramm Zucker pro Liter enthalten, seit 2018 umgerechnet 27 Cent - und erreicht damit Erstaunliches: Im Vereinigten Königreich hat sich das Marktangebot schlagartig verändert.

Die Lebensmittel- und Getränkebranche unterliegt besonders stark Konsumententrends und regulatorischen Bedingungen, die eine Bedrohung für Gewinne und Marktanteile bedeuten können - und sich deshalb auch auf die Aktienkurse auswirken. Dass Unternehmen von staatlichen Zuckerverordnungen getroffen werden, ist dabei weltweit betrachtet jedoch unterschiedlich ausgeprägt. In Regionen wie Nord- und Südamerika, Europa oder Australien besteht beispielsweise ein höheres Risiko - vor allem, weil Adipositas dort weiter verbreitet ist und das Bewusstsein für gesündere Ernährung stärker im Vordergrund steht.

Über Solange Le Jeune und Wim Van Hyfte

Le Jeune ist Senior ESG Analyst, ihr Kollege Wim Van Hyfte Global Head of ESG Investments and Research bei Candriam. Candriam ist ein europäischer Multimanager, der mit einem Team aus über 500 Investmentexperten mehr als 125 Milliarden Euro Vermögen managt und sich bei seinen Investmentlösungen für Anleihen und Aktien als Vorreiter im verantwortlichen Investieren sieht.