Das Jahr 2016 hat Investoren bisher einiges abverlangt. Zum Jahresauftakt gingen die Märkte zunächst auf Talfahrt. Zwar konnten die meisten Indizes wie der DAX oder der Euro Stoxx in den folgenden Monaten wieder Boden gutmachen oder wie die US-Börsen teilweise sogar neue Höchststände erreichen. Aber der Weg dahin war von Rückschlägen gekennzeichnet, die Gewinne immer wieder abschmelzen ließen. Die ungelöste Eurokrise und eine wachsende Skepsis gegenüber der Politik der Notenbanken sorgen für eine nervöse Grundstimmung unter den Investoren. Unerwartete Ereignisse wie der Ausgang des Brexit-Referendums führen dann zu heftigen Ausschlägen.
Diskretionär agierende Fondsmanager und Vermögensverwalter müssen vor diesem Hintergrund bewerten, wie nachhaltig die Marktreaktionen ausfallen werden, und sich entsprechend positionieren. Befindet sich ein Markt im längerfristigen Abwärtstrend, kann das Portfolio mit entsprechenden Absicherungen stabilisiert werden. Dreht der Markt, kosten die Absicherungen aber wertvolle Performancepunkte. Es sind deshalb vor allem die häufigen Richtungswechsel, die den Fondsmanagern in diesem Jahr zu schaffen machen.
Investmentansätze, die frei von Markteinschätzungen konsequent regelbasiert antizyklisch agieren, sind ein möglicher Weg, um dieses Dilemma zu umgehen. Bei diesen Ansätzen spielen Prognosen, Marktanalysen und Brancheneinschätzungen keine oder nur eine untergeordnete Rolle. Stattdessen erhalten sie aus den Bewegungen des jeweiligen Marktes beziehungsweise der jeweiligen Anlageklasse Handlungsimpulse. Ihre Besonderheit liegt darin, dass sie gegenläufig zur Marktbewegung agieren: Sinken zum Beispiel die Aktienmärkte, werden nach einem festen Schema Aktienpositionen aufgebaut, steigen die Anleiherenditen wird die Duration verlängert. Die Grundgedanke ist nicht neu: Die frühere Deutsche Bundesbank hat diesen Ansatz jahrzehntelang im Rahmen ihrer Marktpflege umgesetzt.
Die Strategien machen sich den sogenannten Mean-Reversion-Effekt zunutze. Dahinter steckt, vereinfacht ausgedrückt, die Überzeugung, dass Märkte kurzfristig zu Übertreibungen neigen, aber mittelfristig immer um ihren Mittelwert schwanken. Dieser Effekt lässt sich nutzen. Bei sinkenden Kursen können bei gleichem Mitteleinsatz größere Wertpapierpositionen aufgebaut werden. Wenn die Märkte dann zu ihrem Mittelwert zurückkehren, ergibt sich ein entsprechender Effekt auf die Wertentwicklung.
Eine regelbasierte Strategie braucht einen Rahmen, in dem sie umgesetzt wird. Der erste Schritt ist die Auswahl der gewünschten Anlageklasse und die Festlegung der jeweiligen Investitionsquote. Für die ausgewählten Anlageklassen werden dann sogenannte Jahreskanäle definiert. Sie enthalten die gängigen Jahresprognosen für die Anlageklasse (z. B. von IWF, Bundesbank, Sachverständigenrat oder Bankenresearch) unter Berücksichtigung historischer Volatilitäten. Auf diese Weise entstehen Bandbreiten mit festen Ober- und Untergrenzen. Innerhalb dieser Bandbreiten werden die Kursschwellen festgelegt, bei denen ge- oder verkauft wird. Entsprechend dem antizyklischen Ansatz sollte an der unteren Grenze des Jahreskanals die maximale Investitionsquote erreicht sein, umgekehrt wird an der Obergrenze der Investitionsgrad der Anklageklasse auf seinem Minimum sein. Durch die Festlegung von Ober- und Untergrenzen bei den Jahreskanälen wird zugleich der Aufbau extremer Positionen bei einem kurzfristigen Überschießen des Marktes verhindert. Bewegen sich die Kurse außerhalb der Bandbreiten, verhält sich die Strategie neutral: es wird nicht gehandelt, bis der Jahreskanal wieder erreicht wird. In der Praxis hat der antizyklische Ansatz bewiesen, dass sich mit ihm Volatilitäten sowohl auf der Aktien- als auch auf der Rentenseite mittelfristig glätten lassen. Das Ergebnis: eine verbesserte Risikokontrolle und eine Stabilisierung der Wertentwicklung.