Anlegen auf Kredit - Renditeboost?
Das offensichtlichste Argument für das Anlegen mit Hebel ist die erzielte Mehrrendite auf das Eigenkapital. Wenn man einer Position von 10.000 Euro weitere 10.000 Euro auf Kredit hinzufügt, dann ergibt das einen 100 Prozent Hebel (2x). Geht man davon aus, dass der Markt seine durchschnittlichen 7 Prozent in einem Jahr macht, so stehen am Ende des Jahres nicht die eigentlichen 700 Euro Gewinn zu Buche, sondern 1.400 Euro. Davon müssen natürlich noch die entsprechenden Zinsen abgezahlt werden, doch am Ende steht in einem guten Jahr unter dem Strich ein dickes Plus. Aber nicht immer gibt es diese guten Jahre und seit Beginn von 2022 haben vor allem viele junge Anleger gesehen, wie es immer weiter Berg ab gehen kann. Ein Kredithebel wirkt auch hier - nur in die andere Richtung. Statt 1900 Euro Verlust, welche man mit einem 10.000 Euro Investment in den Dax hätte, wären mit dem Hebel 3800 Euro + Zinsen an Verlust gemacht worden. Deswegen wird oft in Deutschland das Spekulieren auf Kredit als Risiko oder Gefahr erkannt, doch eine in Amerika populäre Strategie zeigt, wie es anders laufen kann.
Dividendenstrategie
Der langfristige Erwartungswert an der Börse ist immer positiv, sagt die Wissenschaft. Deswegen sei eine Einmalanlage, wenn sie denn möglich ist, dem Sparplan vorzuziehen. Diese Gedanken und Ideen wurden von amerikanischen Privatanlegern weiterentwickelt und haben inzwischen einen kleinen Hype ausgelöst. Die Strategie: Man leiht sich günstig Geld und steckt es vollständig in einen Dividenden-ETF. Beachten muss man dabei nur einen entsprechenden Track-Rekord und eine Ausschüttung, die oberhalb des Zinses liegt. Denn die Tilgung des Eigenkapitals erfolgt aus dem laufenden Gehalt etc., während die Zinsen durch Ausschüttungen abgezahlt werden.
Zwar funktioniert diese Art der Anlage in Europa auch, ist aber wesentlich komplizierter aufgrund der Kapitalertragssteuer, die hier oft ein großes Hindernis darstellt. Außerdem muss man für solche Investments einen langen Atem haben, denn der Erwartungswert an der Börse ist eben nur langfristig positiv und nicht unbedingt auf kurze Sicht.
Welche Kredite gibt es?
Es gibt also eine Strategie und es gibt eine theoretische Grundlage für ein derartiges Investment. Wo aber bekommt man das Geld her? Aktuell gibt es zwei Finanzierungsformen. Einmal den klassischen Privatkredit und dann noch den Wertpapierkredit. Von letzterem ist grundsätzlich abzuraten, da dieser zwar deutlich höhere Summen freisetzen kann als ein Privatkredit, aber die eigenen Aktien als Absicherung für den Kredit gelten. Fällt der Markt also stark, muss man die eigenen Aktien verkaufen, um den sogenannten "Margin Call" abzuwenden und den Kredit zurückzuzahlen. Wertpapierkredite eignen sich deshalb nur für kurzfristige Spekulationen. Ganz im Gegensatz zum Privatkredit. Diesen kann man aktuell noch mit 2,5 bis 3 Prozent Zins abschließen und dieser hängt ganz allein von der eigenen Bonität ab. Wer also unbedingt langfristig auf Kredit anlegen möchte, für den sind eher diese Instrumente das Mittel der Wahl.
Fazit zum Anlegen auf Kredit
Das Investieren auf Kredit kann Sinn machen, erfordert aber eine starke mentale Verfassung und ist einfach nicht für jeden Anleger geeignet. Wer kurzfristig gehebelt spekulieren will, kann dies mit CFDs, Knock-outs oder Leverage-ETFs tun, braucht aber dafür keinen Kredit. Für den langfristigen Vermögensaufbau mit Hebel braucht es einen genauen Plan und die absolute Überzeugung von den eigenen Grundsätzen. Für den gewöhnlichen Privatanleger ist dies zwar meist nichts, aber es kann für diejenigen, die es richtig anstellen, durchaus lukrativ sein.