Die Renditen auf zehnjährige Staatsanleihen traten am Vormittag mit 1,351 Prozent auf der Stelle, nachdem sie am Dienstag um bis zu elf Basispunkte auf 1,32 Prozent nachgegeben hatten. "Wahrscheinlich ist die Aussicht auf eine zeitnahe und europafreundliche Regierungsbildung der Grund für die deutlich nachgebenden Renditen italienischer Staatanleihen", sagte Anlagestratege Ulrich Stephan von der Deutschen Bank. Der Mailänder Aktienmarkt ging nach den moderaten Verlusten von Dienstag sogar auf Erholungskurs: der Leitindex und der Sektorindex für Bankentitel gewannen jeweils 1,2 Prozent.
Italiens Präsident Sergio Mattarella will mit Vertretern der Parlamentsparteien sondieren, ob im Parlament eine Regierungsmehrheit gebildet werden kann oder ob vorgezogene Neuwahlen anberaumt werden müssen. "Der Rücktritt Contes und seine kämpferische Rede gegen Salvini wurden als Hoffnung gewertet, dass es zu einer neuen Regierung zwischen den fünf Sternen und der Demokratischen Partei (PD) kommen könnte", schrieben die Analysten der BayernLB in einem Kommentar. Auf Neuwahlen tippten hingegen nur wenige Investoren, sagte Mark Dowding vom Vermögensverwalter Bluebay Asset Management.
Dennoch habe die politische Krise das Potenzial, sowohl den Euro als auch die Aktienmärkte zu belasten, sagte Marktexperte Milan Cutkovic vom Handelshaus AxiTrader. "Denn eine schnelle Lösung scheint nicht in Sicht, damit hat sich die Zahl der politischen Risiken nochmal um eins erhöht." Der Euro notierte am Mittwoch mit 1,1095 Dollar kaum verändert.
Einige Investoren fürchten, dass Lega-Chef Matteo Salvini im Falle eines Machtgewinns die Ausgaben des hochverschuldeten Landes nach oben fahren könnte und das Land erneut auf Kollisionskurs im Haushaltsstreit mit der EU bringen könnte. Salvini hatte die Koalition mit der populistischen 5-Sterne-Bewegung für arbeitsunfähig erklärt und wollte mit dem Misstrauensvotum den ersten Schritt für vorgezogene Parlamentswahlen machen. Die Lega führt in Umfragen deutlich. "Italien sollte jetzt nicht mit dem Feuer spielen und vor allem das ohnehin angekratzte Vertrauen der Anleger nicht verspielen", sagte Marktstratege Thomas Altmann vom Handelshaus QC Partners. Das Land wäre für jeden Rettungsschirm zu groß. "Italien hat immer das Potenzial, im Alleingang eine Eurokrise 2.0 auszulösen."
rtr