Die Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) hat sich zu den Angriffen bekannt, bei denen mindestens 129 Menschen getötet wurden. 352 Verletzte würden in Krankenhäusern behandelt, 99 von ihnen schwebten noch in Lebensgefahr, teilte Staatsanwalt Francois Molins am Abend mit. Bei der Suche nach Hintermännern der Attentäter nahm die Polizei in Belgien mehrere Menschen fest.

Nach Angaben von Staatsanwalt Molins waren die Attentäter offenbar in drei Gruppen aufgeteilt. In einem offenkundig abgestimmten Vorgehen griffen sie in der Nacht zum Samstag nahezu zeitgleich die Konzerthalle Bataclan, das Fußballstadion "Stade de France" und mehrere Restaurants sowie Bars an und töten willkürlich Gäste und Passanten. Einer der Angreifer in der Konzerthalle Bataclan, wo allein mindestens 89 Menschen getötet wurden, war wegen seiner Radikalisierung aktenkundig und vorbestraft.

Einige Zeugen berichteten, die Bewaffneten hätten islamische Gesänge angestimmt, Frankreichs Intervention in den syrischen Bürgerkrieg verdammt und auch vom Irak gesprochen. Der Islamische Staat hält weite Gebiete in der Region. Sechs der Angreifer sprengten sich selbst in die Luft, einer wurde von der Polizei getötet. Offen ist, ob es einen weiteren Angreifer gab.

Bei einem der Attentäter wurde ein syrischer Pass gefunden. Der Eigentümer des Passes reiste nach Angaben der griechischen Regierung Anfang Oktober über die Insel Leros in die Europäische Union ein. Insider berichteten, der junge Mann sei mit einer Gruppe von 69 Menschen angekommen und habe seine Fingerabdrücke abgegeben. Unklar sei, ob auch der Eigentümer des ägyptischen Passes in Griechenland registriert worden sei, der ebenfalls neben einem toten Attentäter gefunden wurde.

Frankreich gehört zu den Gründungsmitgliedern der US-geführten Koalition gegen den IS und hat sich von Anfang an an Luftangriffen gegen die radikalislamischen Milizen in Syrien beteiligt. Die Anschläge seien eine Lektion für Frankreich und alle anderen Teilnehmer des "Kreuzzugs", dass sie oben auf der Liste der IS-Ziele stehen bleiben werden, teilte die Gruppe mit. "Der Geruch des Todes wird nicht aus ihren Nasen gehen." In einem am Wochenende veröffentlichten Video drohte ein Kämpfer: "Solange ihr uns bombardiert, werdet ihr nicht in Frieden leben. Ihr werdet sogar Angst haben, auf den Markt zu gehen."

FESTNAHMEN IN BELGIEN



In Belgien wurden im Zusammenhang mit den Pariser Attentaten mindestens drei Menschen festgenommen. Die Sicherheitskräfte hatten eine groß angelegte Aktion gestartet, nachdem Augenzeugen ein Fahrzeug mit belgischem Kennzeichen nahe der Konzerthalle Bataclan gesehen hatten. Nach Angaben des Pariser Staatsanwalts Molins wurde die Person, die das Auto gemietet habe, nahe der belgischen Grenze aufgegriffen.

In Großbritannien wurde ein Franzose verhaftet. Zuvor war ein Terminal des Londoner Flughafens Gatwick nach dem Fund eines verdächtigen Gegenstandes vorübergehend evakuiert, bei dem es sich um eine Schusswaffe handeln soll.

BAYERISCHE POLIZEI NIMMT VERDÄCHTIGEN FEST



In Bayern nahm die Polizei bereits vor Tagen einen mutmaßlichen Komplizen der Attentäter fest. "Der Fall in Rosenheim wird gerade aufgeklärt", sagte Bundesinnenminister Thomas de Maiziere. "Es gibt einen Bezug nach Frankreich, aber es steht nicht fest, ob es einen Bezug zu diesem Anschlag Paris gibt." Im Auto des Festgenommen seien Waffen gefunden worden. "Auf der Navigationsadresse war eine Adresse in Paris vermerkt", sagte der Innenminister. Um aber einen Deutschland-Bezug zu den Pariser Anschlägen herzustellen, sei es noch zu früh. Das bayerische Landeskriminalamts teilte mit, der Verdächtige sei 51 Jahre alt und stamme aus Montenegro. In seinem Auto seien acht Maschinenpistolen, ein Revolver und zwei weitere Pistolen gefunden worden.

WELTWEIT TRAUER UND ENTSETZEN



Weltweit wurden die Anschläge mit Trauer und Entsetzen aufgenommen. Regierungen rund um den Globus erhöhten die Sicherheitsvorkehrungen. Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich erschüttert und sicherte Frankreich jedwede Unterstützung zu. "Wir weinen mit Ihnen. Wir werden gemeinsam mit Ihnen den Kampf gegen die führen, die Ihnen so Unfassbares angetan haben", sagte sie in Berlin.

Die EU kündigte eine Verschärfung der gemeinsamen Terrorbekämpfung an. "Das ist ein Angriff auf uns alle", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Staats- und Regierungschefs und der EU-Institutionen. "Wir werden dieser Bedrohung mit allen Mitteln und schonungsloser Entschlossenheit entgegentreten."

Die Anschläge dürften auch den am Sonntag beginnenden Gipfel der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) im türkischen Antalya dominieren. Der türkische Präsident und Gastgeber Recep Tayyip Erdogan forderte die Teilnehmer auf, dem Kampf gegen den Terrorismus oberste Priorität einzuräumen. Die Anschläge von Paris machten deutlich, dass gehandelt werden müsse. "Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem Worte im Kampf gegen den Terrorismus nicht mehr ausreichen", sagte Erdogan vor Journalisten.