Anwalt Achim Tiffe erklärt das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu Autokrediten. Von Simone Gröneweg
€URO AM SONNTAG: Das aktuelle EuGH-Urteil zu Autokrediten hat für Aufregung gesorgt. Worum ging es dabei?ACHIM TIFFE: Der EuGH hat entschieden, dass Verbraucher Kreditverträge widerrufen können, wenn deren Informationsangaben nicht klar formuliert sind. Die Angaben sollten für Durchschnittsverbraucher ohne Finanzkenntnisse verständlich sein.
Was bedeutet das nun?
Das Urteil wird Auswirkungen auf die deutsche Rechtsprechung haben, denn der EuGH widerspricht dem Bundesgerichtshof (BGH). Betroffen sind meiner Ansicht nach nahezu alle Kreditverträge aus den vergangenen Jahren. Fast alle sind an der einen oder anderen Stelle nicht korrekt. Egal, ob Auto- oder Ratenkredite oder Immobiliendarlehen.
Manche Anwälte werben erneut mit dem Widerrufsjoker. Geht das so leicht?
Nur widerrufen reicht nicht. Die Bank wird nicht einfach nachgeben. Der EuGH hat sich nicht konkret zu Rechtsfolgen geäußert, aber ein Widerruf hat Auswirkungen. Bei einigen Verträgen muss man geliehenes Geld sofort zurückzahlen. Das kann zum Problem werden. Oft ist es ratsam, Raten weiter zu zahlen. Dann gibt es praktisch keine Änderung, bis das Gericht entschieden hat. Oft sind die Vorteile eines Widerrufs nicht so groß, wie gedacht.
Für wen könnte ein Widerruf ratsam sein?
Eventuell für diejenigen, die eine Konstellation wie die EuGH-Fälle vorweisen und ihr Auto direkt zurückgeben wollen. Auch bei Ratenkrediten kann das sinnvoll sein. Allerdings müssen Kunden ein Prozesskostenrisiko und ein Verfahren einkalkulieren. Banken werden die Widerrufe nicht einfach akzeptieren. Auf keinen Fall sollte man ohne vorherige rechtliche Beratung Musterwiderrufe nutzen. Andere Kreditnehmer sollten die Rechtsprechung beobachten und bei Bedarf handeln.