Mit seinem protektionistischen Gedankengut versetzt US-Präsident Donald Trump all jene in Angst und Schrecken, die auf Freihandel als wichtigen Faktor zur Mehrung des weltweiten Wohlstandes setzen. Umso erstaunlicher ist die zuletzt gute Bilanz der Börse in Singapur. Denn der freihandelsorientierte asiatische Stadtstaat profitierte in den vergangenen Jahrzehnten von der Globalisierung und spürt schnell jeden Schluckauf der Weltwirtschaft.

Das früher sehr hohe Wachstumstempo hat merklich nachgelassen. 2016 und 2017 dürfte das Konjunkturplus jeweils rund 1,5 bis 1,7 Prozent betragen. Der Internationale Währungsfonds (IMF) ging zuletzt noch von 2,2 Prozent aus. Der Straits Times Index hat seit Januar 2016 trotzdem um rund 20 Prozent zugelegt.

Als Stütze erweisen sich die weltweiten Reflationssignale. Denn das hilft den Kursen der Bankaktien, die im MSCI Singapur Index mit einem Anteil von rund einem Drittel stark gewichtet sind. Außerdem korrigierten Analysten zuletzt weniger oft ihre Gewinnschätzungen nach unten. Auch bewertungstechnisch ist der Markt interessant. Das Markt-KGV bewegt sich mit rund 14 zwar im historischen Durchschnittsbereich, aber das Kurs-Buchwert-Verhältnis von 1,2 liegt unter dem Durchschnittswert der vergangenen zehn Jahre von 1,6. Abseits der Börse gibt es ebenfalls einiges, was Anlegern gefallen dürfte. So punktet Singapur laut den Experten der Wirtschaftsförderungsgesellschaft GTAI mit einer exzellenten Infrastruktur, Rechtssicherheit, politischer Stabilität und Korruptionsfreiheit. Im Global Competitiveness Index belegt das Land seit Jahren den zweiten Platz, die Schüler sind Weltspitze in Mathematik und Naturwissenschaften und gemäß einem Bericht des Weltwirtschaftsforums schöpft das Land das Potenzial der digitalen Innovation mit am effektivsten aus. Unterm Strich ist es erstaunlich, was der 5,6 Millionen Einwohner zählende Stadtstaat auf die Beine gestellt hat.

Überraschend ist aber, dass der lokale Aktienmarkt daraus nicht mehr gemacht hat. Denn trotz der jüngsten Rally notiert der Straits Times derzeit nur auf dem Niveau, das er bereits vor zehn Jahren erreicht hatte. Bei der Durchsicht der auf dem Kurszettel enthaltenen Einzelwerte fällt ein Mangel an charttechnischen Dauerläufern auf. Das heißt, Aktien die wirklich dauerhaft steigen, sind dünn gesät.



Vier Kaufempfehlungen



Wer nach interessanten Aktien sucht, muss genau hinsehen. Zumindest wenn die Kaufkriterien aus einer Kombination von vernünftiger Bewertung mit einem ansprechenden Chartbild bestehen. Aufwarten kann damit Venture Corp., ein Elektronikdienstleister mit Know-how unter anderem in der Druck- und Bildverarbeitung, Speichersystemen, interaktiven Scanning- und Computing-Produkten, Test- und Messgeräten und medizinischen Geräten. In den ersten neun Monaten ist es dem Unternehmen gelungen, den freien Cashflow von 133,6 Millionen auf 181,3 Millionen Singapur-Dollar zu erhöhen. Gelingt es, wie von uns erhofft, zusätzliche Kooperationen mit führenden Techfirmen einzufädeln, sind die weiteren Aussichten gut. Da sich 60 Prozent der Produktion in Malaysia befinden und 90 Prozent der Umsätze in US-Dollar stattfinden, sind die Kursausschläge beim malaysischen Ringgit und beim US-Dollar zum Singapur-Dollar von besonderer Bedeutung. Attraktiv ist zudem die Dividendenrendite von fast fünf Prozent.

Avi-Tech Electronics wirft auf Basis der 2016 geleisteten Ausschüttung sogar eine Dividendenrendite von gut sechs Prozent ab. Der Halbleiter-Zulieferer hat bei deutlich gesunkenen Schulden den Umsatz von 2014 bis 2016 von 23,0 Millionen auf 33,9 Millionen Singapur-Dollar gesteigert und bei den fortgeführten Operationen aus einem kleinen Plus einen Gewinn von 6,4 Millionen Singapur-Dollar gemacht. Das KGV bewegt sich im einstelligen Bereich. Das ist niedrig, wenn man davon ausgeht, dass die Halbleiter-Konjunktur bis auf Weiteres gut läuft. Ein seit Mitte 2014 bestehender charttechnischer Aufwärtstrend spricht ebenfalls für diesen Titel.

Bereits Ende 2008 hat Flex einen Aufwärtstrend eingeschlagen. Mit neuen Mehrjahreshochs hat der Titel das vorteilhafte Chartbild jüngst untermauert. Das ist auf den ersten Blick erstaunlich, weil der Auftragsfertiger für Branchen wie Kommunikation, Netzwerke, Computer und Medizintechnik im abgelaufenen Quartal ein Umsatzminus von 9,5 Prozent auf 6,12 Milliarden US-Dollar sowie einen Gewinnrückgang von fast sieben Prozent auf 183 Millionen US-Dollar hinnehmen musste. Der Gewinn je Aktie übertraf aber die Schätzungen der Analysten leicht. Außerdem profitiert der Titel von der Hoffnung, dass interne Anstrengungen helfen, die Margen zu verbessern. Analysten rechnen auf Sicht von fünf Jahren mit einem Ergebnisanstieg von 16 Prozent jährlich, wodurch sich ein günstiges Kurs-Gewinn-Wachstumsverhältnis ergibt.

An den Bewertungen der Banken scheiden sich die Geister. Auf Kurs--Buchwert-Basis ist der Sektor mit dem 1,1-Fachen derzeit günstiger bewertet als im historischen Durchschnitt von 1,35. Aber es dürfte schwer sein, zu den früheren Spitzenwerten bei der Eigenkapitalrendite zurückzukehren. Wenn wie bei der Oversea-Chinese Banking Corp. dank einer konservativen Politik eine solide Bilanzqualität hinzukommt, dann ist bei einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von knapp elf und einer Dividendenrendite von 3,8 Prozent die Bewertung durchaus als günstig einzustufen.