Die Börsen sind in den zurückliegenden Wochen gut gelaufen - was den einen oder anderen sicherlich überrascht hat. Doch es ist eben, wie es ist: Die Sorgen rund um die Folgen des Brexit-Votums sowie andere potenzielle Risiken für die Weltwirtschaft schwächen sich langsam ab. Trotzdem ist längst nicht alles in Butter. Die Fundamentaldaten fielen zuletzt so aus, dass weitere geldpolitische Maßnahmen der Notenbanken sehr wahrscheinlich sind.

Allerdings mit Ausnahme der wichtigsten Notenbank der Welt: Die US-Zentralbank Fed wird wohl an ihrem Kurs der schrittweisen Zinserhöhungen festhalten. Die Fed ist die einzige Notenbank in den entwickelten Ländern, die in Sachen Geldpolitik behutsam zur Normalität zurückkehrt. Mit dem Effekt, dass durch diese Abweichung eine immer größere Kluft zwischen den Vereinigten Staaten und dem Rest der entwickelten Länder entsteht.

Aber die USA können sich das durchaus erlauben, oder müssen dies vielleicht auch, um eventuellen Inflationsgefahren vorzubeugen. Zwar sind die US-Konjunkturdaten weiterhin eher schwankend, doch Vorsicht ist eben die Mutter der Porzellankiste. Die Entwicklung der Fed-Funds-Futures zeigt zwar an, dass die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Zinserhöhung durch die Fed im zweiten Halbjahr nur bei etwa 36 Prozent liegt. Allerdings ließ die Notenbank verlauten, dass sich die "kurzfristigen wirtschaftlichen Risiken" reduziert hätten, etwa dank besserer Arbeitsmarktdaten. Der nächste Zinsschritt dürfte also nur eine Frage der Zeit sein.

In die andere Richtung bewegt sich derweil die Bank of England. Aufgrund der Risiken für die britische Wirtschaft nach dem EU-Referendum beschloss man erstmals nach sieben Jahren einen Kurswechsel und senkte den Leitzins auf 0,25 Prozent. Hinzu kommt die Wiederaufnahme des eigentlich schon beendeten Wertpapierankaufprogramms. Das ist eine Menge Aktionismus.

Den kennt man auch von Japans Notenbank. So kündigte die Bank of Japan ein Konjunkturprogramm in Höhe von umgerechnet 265 Milliarden Dollar an. In Relation zum jährlichen Bruttoinlandsprodukt entspricht dieses Paket in etwa dem Konjunkturprogramm der USA nach der Krise von 2008. Eine Menge Holz.

Und vielleicht eine Steilvorlage für die Europäische Zentralbank EZB. Die könnte noch mehr tun. Denn zum einen ist die Inflation weiterhin praktisch nicht existent, sondern es gibt eher deflationäre Tendenzen. Und zum anderen waren in Gesamteuropa die Wirtschaftsdaten zuletzt eher durchwachsen. Im ersten Halbjahr lag das Wachstum gerade einmal bei 0,3 Prozent. Dies spricht eigentlich dafür, dass die EZB in ihrer nächsten Sitzung Ende September tatsächlich weitere geldpolitische Lockerungen beschließt. Der Börse dürfte dies weiteren Auftrieb geben, zumal ja auch die Entwicklung der Unternehmensgewinne und -umsätze in Summe zuletzt gar nicht so schlecht war.

Und vielleicht kommt es im weiteren Jahresverlauf oder 2017 gar zu richtig drastischen Aktionen: Etwa dazu, dass die EZB auch Aktien in ihr Wertpapierkaufprogramm aufnimmt. Das mag vielen als abwegige Idee erscheinen. Je länger aber die Bilanzsumme der EZB auf hohem Niveau bleibt und je tiefer die Zinsen sinken, desto wahrscheinlicher dürfte es werden. Gerade was Deutschland angeht, wo Anleihen immer knapper werden.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com