Bald erhält ein DAX-Mitglied einen neuen Namen: Aus der Daimler AG wird die Mercedes-Benz Group. Die Umfirmierung folgt der Abspaltung des Nutzfahrzeuggeschäfts der Stuttgarter, das als Daimler Truck inzwischen eigenständig unterwegs ist. Ola Källenius, der den Automobilkonzern seit 2019 steuert, hebt die Marke Mercedes-Benz damit prominenter heraus. Die Umfirmierung ab dem 1. Februar ist für Kunden und Konkurrenten zugleich ein Signal, dass die Schwaben nach Höherem streben. Denn Källenius will sich stärker im automobilen Einkaufsparadies globaler Spitzenverdiener aufstellen - dem Luxusmarkt.

Die angestrebte höhere Positionierung ist auch eine Antwort des Vorstands auf das Zeitalter der Elektromobilität und des autonomen Fahrens. Källenius’ Strategie: Es soll noch mehr Geld aus den Portemonnaies der Reichen und Superreichen in die Kassen der Schwaben fließen, denn der automobile Wandel will finanziert werden. Allein bis 2026 will Daimler 60 Milliarden Euro investieren. "Unser Ziel ist die Technologieführerschaft im automobilen Luxussegment", trommelte Källenius im Herbst vor Aktionären.

Das Timing für den Vorstoß in die Luxusklasse könnte passen, denn Sündteures ist angesagt. Soeben legte das britische Luxus-Flaggschiff Rolls-Royce Zahlen vor, die es in der 117-jährigen Geschichte noch nie gab, und steigerte den Absatz 2021 um fast die Hälfte. Rolls-Royce-Chef Torsten Müller-Ötvös erklärt den Absatzsprung auch mit der Pandemie: "Der Lockdown führte dazu, dass man plötzlich mehr Geld für die schönen Dinge des Lebens hatte." Ähnlich wie bei den großen Luxusgüterkonzernen, etwa der französischen LVMH, boomt das Geschäft mit fahrbarer Noblesse. "Die Zahl der Superreichen steigt weltweit, was auch mit dem Aufstieg Chinas zusammenhängt. Die Nachfrage dürfte im Luxussegment nachhaltig anziehen", sagt Marktkenner Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des CAR Center Automotive Research in Duisburg.

Starkes Wachstum

Nach CAR-Schätzungen dürfte der weltweite Automarkt im Jahr 2030 rund 500 Milliarden Euro Umsatz erreichen. Das Luxussegment veranschlagen die Experten je nach Preisschwelle, ab der man es beginnen lässt, auf rund 100 Milliarden Euro. "Der Absatz wächst hier überproportional", sagt Dudenhöffer.

Mercedes-Lenker Källenius kämpft derweil noch mit dem Wettbewerb, etwa mit dem bayrischen Rivalen. BMW schnappte sich soeben die Absatzkrone im weltweiten Premiummarkt. Die Münchner verkauften 2021 mit 2,2 Millionen Fahrzeugen der Kernmarke gut 100.000 mehr als die Schwaben und holten sich nach fünf Jahren die Führung zurück. Dafür liegt Daimler bei der Profitabilität vorn. Zehn bis zwölf Prozent operative Marge hat Mercedes-Benz für 2021 versprochen, bei BMW sollen es bis zu 10,5 Prozent werden.

Sahnige Renditen ganz oben

Doch das sind bloß Durchschnitte über alle Segmente. Ausgerechnet der Chipmangel ließ zuletzt erahnen, wie viel Rendite aus automobilen Top-Marken rauszuholen ist. Wegen der Knappheit konzentrierten sich die Hersteller, allen voran Mercedes, auf die Auslieferung top ausgestatteter Modelle der oberen Baureihen. Im ersten Quartal 2021 brachten die Stuttgarter es so auf über 15 Prozent Profitabilität - das macht dann auch den Verlust der Premium-Krone verschmerzbar.

Wie viel Sahne in den obersten Segmenten des Markts steckt, zeigt Porsche. Die Sportwagentochter des VW-Konzerns lieferte zuletzt gut 15 Prozent Rendite in Wolfsburg ab. Noch saftiger, weil exklusiver, sind die Früchte bei Ferrari. Unter den Hauben mit dem Logo der italienischen Kultmarke steckt nicht nur Leistung in Hülle und Fülle. Die Boliden fahren auch Zahlen ein, die Betriebswirte euphorisieren. Auf rund 20 Prozent Profitabilität kommen die Italiener, in guten Jahren geht es an die 25-Prozent-Marke heran. "Bei Modellen, von denen genug Einheiten verkauft werden, können Luxusautohersteller unter Umständen auch Margen um die 30 Prozent erwirtschaften", sagt Experte Dudenhöffer.

Ein Markt, der auf der Überholspur ist und Spitzenrenditen abwirft - Manager wären Geisterfahrer, wollten sie nicht die automobile Königsklasse ansteuern. Der Eintritt ins Oberhaus erfordert jedoch jahrelange harte Arbeit nicht nur bei Qualität und technologischem Können. Nur wenige Marken weltweit erzeugen jene Art wohliger Fantasie bei Wohlhabenden, die die exorbitanten Preisschilder vergessen macht. Manche automobile Ikone, wie etwa der James-Bond-Untersatz Aston Martin, bringt es wiederum nicht auf die notwendigen Absatzzahlen, um die horrenden Entwicklungs- und Testkosten einzufahren.

Mercedes-Boss Källenius gehört zu den Glücklichen der Zunft. Bertha Benz steuerte den vom Gatten Carl konstruierten Patent-Motorwagen bereits 1888. Die Tradition des Autopioniers, dazu das Hightech-Image, zu dem zahlreiche Formel-1-Titel beitrugen, sind eine 1a-Basis für die geplante Offensive.

Dazu hat Markenexperte Källenius einiges in der Garage. Noch als Vertriebschef belebte der Schwede 2014 die historische Marke Maybach wieder, bereits in den 1930er-Jahren ein Rolls-Royce-Rivale. Der erste elektrisch getriebene Maybach soll noch in diesem Jahr in die Verkaufsräume rollen. Die Studie Maybach Concept EQS, die im Innenraum standesgemäß mit edelsten Materialien glänzt, gab bereits einen Vorgeschmack.

Aus dem Gelände-Urgestein G-Klasse haben die Vertriebler aus Stuttgart ein eigenes Luxuslabel gezimmert, die Performance-Begeisterten bedient AMG. Dem Mercedes-Tuner hat Källenius eine Verdoppelung des Absatzes hinter die Kühlerrippen geschrieben.

Noch fährt AMG dem Sportprimus Porsche weit hinterher. Was bei PS-Boliden im Elektro-Zeitalter geht, führen die Schwaben mit ihrem bis zu 760 PS starken Taycan vor. Der Absatz des Superstromers, dessen Einstiegsvariante über 80.000 Euro kostet, hat sich 2021 auf über 41.000 Stück verdoppelt.
 


INVESTOR-INFO

Daimler

Günstiger Pionier

In Kürze wird aus der Daimler AG die Mercedes-Benz Group. Mit der Umbenennung will Vorstandschef Ola Källenius auch die starken Marken des Autopioniers betonen. Ziel sind höhere Margen, um die für den Branchenwandel benötigten Milliarden einzuspielen. Daimler ist schon gut dabei und rechnet für 2021 mit bis zu zwölf Prozent operativer Gewinnmarge im Autogeschäft. Analysten rechnen 2021 mit einem Sprung um 150 Prozent beim Gewinn. Die Aktie ist im Branchenvergleich günstig bewertet.

Aston Martin

Kultmarke im Aufbau

Kanadas Milliardär Lawrence Stroll rettete die britische Traditionsmarke vor knapp zwei Jahren mit einer Finanzspritze. Stroll führte Aston Martin in die Formel 1, Daimler ist als Partner an Bord. Vorbild ist Ferrari, Ziel ist es, lukrative Kleinserien zu bauen. Noch ist das Ziel weit entfernt. Gewinne werden erst für 2023 angepeilt. Hohes Risiko.

Ferrari

Teures Glanzstück

Die Italiener sind Profis in der Herstellung von V12-Motoren, formvollendeten Karosserien und der Vermarktung der Marke. Mit Formel-1-Fanartikeln wird ebenso gutes Geld verdient wie mit exklusiven, limitierten Serien der noblen Renner aus Maranello. Die operativen Gewinnmargen liegen mit über 20 Prozent am oberen Ende der Autobranche. Ferrari glänzt mit starken Gewinnen, ist aber auch so hoch bewertet wie eine Luxusmarke.