Wissmann verwies darauf, dass in Stuttgarts Innenstadt ab 2018 an Tagen mit hoher Feinstaub-Belastung keine Dieselautos fahren dürfen, die nicht die strengste Euro-6-Norm erfüllen. Die Norm gilt erst seit 2015. Auch in anderen Großstädten drohen Fahrverbote für Dieselautos.
Die Politik solle überlegen, ob bei einem so massiven Eingriff in die Eigentums- und Vermögensverhältnisse vieler Menschen noch die Verhältnismäßigkeit gewahrt sei, betonte Wissmann. Es gehe nicht um wenige "alte Stinker", sondern um junge Gebrauchtwagen. Rund 40 Prozent des Diesel-Pkw-Bestandes in Deutschland sind vor allem Autos mit der älteren Euro-5-Norm. Von dem Dieselskandal bei Volkswagen sind in der EU vor allem Fahrzeuge mit dieser Abgasnorm betroffen. Die Affäre hat auch die gesundheitsschädlichen Stickoxide stärker in die öffentliche Diskussion gerückt. Das hat dazu geführt, dass der Dieselantrieb insgesamt kritischer gesehen wird.
AUTOBAUER IN DER ZWICKMÜHLE
Die Hersteller bekommen dies in sinkenden Verkaufszahlen von Autos mit Selbstzünder zu spüren. Der Dieselanteil an den Neuzulassungen schrumpfte im März auf 40,6 Prozent. Stärker gefragt sind Autos mit Benzinmotoren. Der Absatz von Fahrzeugen mit alternativem Antrieb steigt zwar deutlich, allerdings haben diese immer noch einen marginalen Anteil an den Gesamtzulassungen. Der Ausstoß an klimaschädlichem Kohlendioxid aller Neuwagen kletterte leicht auf 127,7 Gramm pro Kilometer. Das liegt vor allem daran, dass sportliche Geländewagen beliebt sind, die mehr Sprit verbrauchen. Ab 2020 dürfen Neuwagen im Schnitt nur noch 95 Gramm CO2 je Kilometer ausstoßen.
Wissmann betonte, die Automobilindustrie arbeite mit Hochdruck an der Verbesserung der Dieseltechnologie. Ende 2019 würden 80 Prozent der neuen Dieselautos mit SCR-Technolgie ausgestattet sein. Bei dieser Technik wird Harnstoff (AdBlue) dem Abgas beigemischt, um Stickoxid zu binden. Zu Beginn des nächsten Jahrzehnts werde nahezu jeder neue Dieselwagen damit ausgerüstet sein. "Damit ist die Stickoxidfrage bei Neufahrzeugen gelöst", versprach der VDA-Chef.
Der Branchenverband argumentiert damit, dass die Hersteller den Umschwung in die Elektromobilität ohne die Erlöse aus dem Verkauf von Dieselautos nicht schaffen könnten. "Wir können uns nicht - wie das mancher außerhalb der Branche meint - einfach aus einer Antriebsart verabschieden", unterstrich Wissmann. "Diese Industrie ist kein Staatsbetrieb, der trotz ständiger Verluste immer wieder frisches Geld erhält." Die Unternehmen trügen Verantwortung für viele hunderttausend Beschäftigte.
Statt Fahrverboten schlug Wissmann vor, den Verkehr flüssiger zu machen, indem vermehrt die grüne Welle eingeführt werde. "Das verhindert Staus, wirkt auf den gesamten Pkw-Bestand und bringt die Emissionen deutlich nach unten." Zudem solle die Digitalisierung dazu genutzt werden, um den Verkehr bei der Suche nach Parkplätzen zu verringern. Busse und Taxis sollten möglichst rasch auf die neuesten Modelle umgestellt werden.