Über vier Milliarden Euro habe die Pandemie trotz Staatshilfen allein in Deutschland gekostet. Obwohl die Schulden des Konzerns inzwischen die 30 Milliarden-Grenze erreicht haben, will die Bahn mit Hilfe des Staates und neuen Schulden weiter auf Rekordniveau investieren. Die Passagiere würden zurückkommen, sagte Bahnchef Richard Lutz. Angesichts des Kampfes gegen Klimawandels seien die Aussichten für die Schiene so gut wie nie zuvor: "Wir sind der Impfstoff gegen den Klimawandel."

Klar ist, dass die Bahn zunächst weitere Milliarden-Hilfen vom Eigentümer benötigt. Nur so könnten die Schulden zum Jahresende unter 30 Milliarden Euro gehalten werden. Fünf Milliarden Euro als Kapitalspritze will die Bundesregierung dem Unternehmen zukommen lassen, weitere Milliarden sollen aus dem Klimapaket fließen. Beides blockiert die EU-Kommission derzeit unter anderem wegen möglicher Nachteile für die Konkurrenz.

Die Konkurrenzbahnen verwiesen darauf, dass die Bahn schon lange vor Corona in der Krise gesteckt habe und die Pandemie die Verschlechterung des Ergebnisse um über sechs Milliarden Euro nicht erklären können. Sie seien die Folge von jahrelange Fehlinvestitionen und Missmanagement, kritisierte das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE). "Derzeit erkauft sich die Regierung politische Ruhe und Zeit mit Steuergeldern", sagte NEE-Geschäftsführer Peter Westenberger.

Die Grünen im Bundestag verlangten Reformen: "Die Deutsche Bahn befindet sich bereits seit Jahren wirtschaftlich im rasanten Sinkflug. Dank Corona-Krise ist daraus ein Sturzflug geworden", sagte ihr Verkehrsexperte Matthias Gastel. Wie die FDP wollen auch die Grünen den Konzern zerlegen und die Bahn in einen staatlichen Teil mit dem Schienennetz und den Betrieb mit den Zügen aufspalten. "Ohne einen energischen Kurswechsel droht ein Milliardenschaden für die Steuerzahler", sagte der FDP-Experte Torsten Herbst. Auch in der Union gibt es dafür Sympathie. Es gilt als sicher, dass bei Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl im September das Thema in den Vordergrund rückt.

BAHN STELLT GEWINN AB 2022 IN AUSSICHT


Die Bahnspitze um Richard Lutz, dessen Vertrag bis 2027 verlängert wurde, will weitgehend am Konzern in jetziger Form festhalten und mit ihm ab 2022 wieder Gewinn machen. Bereits in diesem Jahr werde es Verbesserungen geben. "Dennoch sind erneut beträchtliche Verluste zu erwarten", erklärte das Unternehmen. Der Vorstand sprach von einem Betriebsverlust (Ebit - Ergebnis vor Zinsen und Steuern) von zwei Milliarden Euro. In Konzernkreisen hieß es, es werde eher mit 2,5 Milliarden Euro gerechnet.

Ein zentraler Grund für die Höhe des Verlustes von 2020 sind die drastisch gesunkenen Passagierzahlen. Derzeit liegt die Auslastung der Fernzüge etwa bei 20 Prozent. Im Fernverkehr fuhren im vergangenen Jahren nur noch 81 Millionen Menschen mit IC und ICE. 2019 waren es mit gut 150 Millionen fast doppelt so viele. Im Nahverkehr war der Rückgang nur etwas geringer.

Profitiert von der Corona-Krise hat teilweise allerdings die internationale Bahn-Spedition Schenker. Auch wegen des guten Geschäfts mit der Luftfracht konnte sie einen Betriebsgewinn von über 700 Millionen Euro erzielen und damit mehr als je zuvor.

Die seit Jahren kriselnde Güterbahn DB Cargo zehrte dieses Plus mit einem Verlust in etwa gleicher Höhe wieder auf. Der frühere Fast-Monopolist hat inzwischen mehr als die Hälfte seiner Marktanteile an die Konkurrenz anderer Bahnen verloren. Zudem macht der Rückgang von Kohle- und Stahltransporten ihr zu schaffen. Die neue Vorständin Sigrid Nikutta soll jetzt die Wende bringe. Sie räumte ein: "Die Kohle geht, aber andere Güter kommen." So mache man sich jetzt Gedanken über den Transport von Wasserstoff.

BAHN WILL AUCH SPAREN


Neben Staatshilfen und neuen Krediten will der Konzern allerdings auch sparen. Unter anderem bei Einkauf, Verwaltung und Personal wolle man bis 2024 rund fünf Milliarden Euro weniger ausgeben und so die Hälfte der insgesamt erwarteten Corona-Schäden abfangen. Mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) wurde ein Sanierungstarifvertrag bis 2023 geschlossen, mit dem die Personalkosten gedämpft werden sollen. Dafür eskaliert der Konflikt mit der Lokführergewerkschaft GDL. Sie lehnt ein Abkommen wie mit der EVG ab und will notfalls auch streiken.

rtr