Die Lokführergewerkschaft GDL warf der Bahn-Führung vor, die Verhandlungen am Samstagabend abgebrochen zu haben. Damit verspiele der Staatskonzern die Chance auf Zwischenergebnisse und eine anschließende Schlichtung, erklärte Gewerkschaftschef Claus Weselsky am Sonntag. Die GDL werde nun über das weitere Vorgehen entscheiden. Damit könnten weitere Streiks drohen. Die Bahn warf ihrerseits der GDL vor, zum vereinbarten Termin am Sonntag nicht erschienen zu sein.

"Wir brauchen mehr denn je eine Schlichtung", forderte Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber. Dies sieht auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel so. Beide Seiten sollten sich so schnell wie möglich auf eine Schlichtung einigen, forderte er in der "Bild am Sonntag".

Bahn-Chef Rüdiger Grube habe den früheren brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck als Vermittler vorgeschlagen. Wenn GDL-Chef Weselsky jetzt noch eine Person seines Vertrauens finde, könne der Konflikt gelöst werden, sagte Gabriel. Weselsky hat jedoch Grubes Vorschlag bereits abgelehnt. Am Sonntag vergangener Woche hatte die GDL den längsten Streik in der Geschichte der Deutschen Bahn beendet, weitere Arbeitsniederlegungen aber nicht ausgeschlossen.

Gabriel äußerte Unverständnis dafür: "Bei diesem Tarifkonflikt geht es nicht nur um Löhne oder Arbeitsbedingungen, sondern auch um Machtfragen. Das ist bislang einmalig in Deutschland." Die Tarifgespräche sind schwierig, da die GDL und die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) teils für dieselben Beschäftigtengruppen Abschlüsse erzielen wollen. Ziel der Bahn ist es aber, für GDL- und EVG-Mitglieder vergleichbare Verträge zu schließen.

Wann die GDL über das weitere Vorgehen beraten wird, war am Sonntag von der Gewerkschaft nicht zu erfahren. Auch die EVG hat der Bahn mit Streik gedroht. Sollte in den noch anstehenden Verhandlungen bis zum kommenden Donnerstag keine Einigung erzielt werden, stünden die Zeichen auf Streik, hatte EVG-Verhandlungsführerin Regina Rusch-Ziemba am Dienstag erklärt. rtr