Die Zinsen sind niedrig, und es wird endlich mehr gebaut. Doch die Bundesbank macht sich Sorgen angesichts der Abermilliarden, die deutsche Haushalte an Krediten aufgenommen haben. Hartmut Schwarz von der Verbraucherzentrale Bremen erklärt, wie eine solide Finanzierung aussehen sollte und was sie kosten darf.
BÖRSE ONLINE: Herr Schwarz, die Bundesbank warnt davor, dass Banken zu schnell Kredite vergeben. Wirken sich diese Bedenken auf ihre täglichen Beratungsgespräche aus?
Hartmut Schwarz: In der Tat. Ich habe den Eindruck, dass die Banken von Kunden, die wenig Eigenkapital mitbringen, wieder höhere Zinsen verlangen.
Was heißt für Sie wenig Eigenkapital?
Ich denke da an Menschen, die vielleicht die Nebenkosten, also die rund zehn bis zwölf Prozent des Kaufpreises, die für den Notar, die Grunderwerbsteuer und gegebenenfalls den Makler anfallen, aus eigener Tasche zahlen können, aber sonst auf Geld von der Bank angewiesen sind.
Die bekommen also kein Darlehen?
Doch, aber nur wenn sie sehr gut verdienen, andere Sicherheiten wie eine fällige Lebensversicherung haben oder der Kredit mit einem Bausparer gekoppelt wird.
Wie viel Eigenkapital empfehlen Sie, um einen guten Zins zu bekommen?
Sie sollten mindestens 20 Prozent des Kaufpreises und die Kaufnebenkosten decken können, dann bekommen Sie einen guten Zins. Und es gilt mehr denn je: Je mehr Eigenkapital man mitbringt, desto besser ist es.
Wie viel Tilgung empfehlen Sie?
Wer beim aktuellen Zinsniveau eine Tilgung von drei Prozent nicht schafft, sollte erst gar nicht anfangen, Geld aufzunehmen. Ich empfehle jedem, der sich Finanzierungsangebote einholt, einen Blick in das ESIS-Merkblatt zu werfen. Unter Punkt 2 dieses Merkblatts, das der Berater übrigens aushändigen muss, steht eine Angabe, wie viel man pro geliehenen Euro zurückzahlen muss. Diese Zahl macht Angebote vergleichbar.
Wie viel sollte die Schuldenlast am Haushaltseinkommen maximal ausmachen, ohne dass es gefährlich wird?
Sie sollte ein Drittel des Netto-Haushaltseinkommens nicht übersteigen. Oder sie sollte niedrig genug sein, dass sie in einem Doppelverdienerhaushalt notfalls auch von einem alleine getragen werden könnte. Das bedeutet bei einem Haushaltsnetto von 4000 Euro etwa 1300 Euro für Zins und Tilgung. In einer Stadt wie München oder Hamburg machen Sie mit diesem Betrag keine großen Sprünge, wenn das Eigenkapital gering ist.
Müssen Sie in Ihren Beratungsgesprächen vielen Menschen sagen, dass sie sich kein Eigentum leisten können?
Das geschieht eher selten. Ich habe vor allem in den vergangenen beiden Jahren den Eindruck gewonnen, dass Menschen, die bauen oder sich Eigentum kaufen wollen, genau nachrechnen und ihre Situation realistisch einschätzen können. Viele wählen auch eine längere Zinsbindung als die üblichen zehn Jahre.
Sich zunächst einmal auf zehn Jahre zu binden und viel zu tilgen ist doch auch nicht verkehrt. Immerhin sind die Zinsen niedriger, je kürzer man sich bindet.
Möglichst viel zu tilgen ist immer gut. Der Unterschied zwischen Darlehen mit zehn oder 15 Jahren Zinsbindung ist gering. Wer sich länger bindet, hat mehr Sicherheit. Zudem kann jedes Darlehen nach zehn Jahren ohne sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung gekündigt werden.
Der Immobilienboom hält an, doch die Anzeichen mehren sich, dass die Zinsen steigen könnten. Müssen sich Kreditnehmer, die 2010 abgeschlossen haben und wenig tilgen, Sorgen machen?
Vereinzelt wird es Probleme geben. Vor allem, wenn kaum getilgt wird und die Restschuld nach zehn Jahren fast so hoch ist wie der ursprüngliche Kredit.
Befürchten Sie dass die Regeln zur Kreditvergabe strenger werden?
Es kann sein, dass die Banken noch genauer hinschauen. Das macht es vor allem Selbstständigen schwer, an Kredit zu kommen. Darüber hinaus kann es sein, dass sie höhere Zinsen verlangen, da die Kreditsummen mit den Preisen immer weiter steigen.