von Robert Halver

Konkret sollen das viele Geld und die damit gedrückten Zinsen zu erhöhter Kreditvergabe der Banken führen. Klingt auf den ersten Blick gut, aber schwierig ist die technische Umsetzung dieses Gärtnerlateins. Zunächst frage ich mich, ob der EZB überhaupt so viele Staatspapiere angedient werden. In den USA hat es drei Jahre gedauert, bis die Fed Staatspapiere in befriedigendem Ausmaß aufkaufen konnte. Denn wie in den USA müssen auch Eurolands Banken aus aufsichtsrechtlichen Gründen sogenannte "risikolose" Staatspapiere halten. Diese kann man nicht einfach so abgeben wie Regenschirme an der Garderobe.

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Die Eurozone hat kein Liquiditäts- und auch kein Zinsproblem, sie hat ein Problem mit "Unkraut"

Überhaupt, warum sollten Banken mit mehr Liquidität mehr Kredite vergeben? Liquidität ist schon heute in Euroland mehr als genug da. Ebenso hat Euroland auch kein Problem mit zu hohen Zinsen. Ginge es nur um Geld und Zinsen, würde die Euro-Wirtschaft längst blühen wie das wachstumsstärkste Schwellenland. Der Wachstumshemmer für Kredite sind aber die wettbewerbsschwachen Standortbedingungen und - damit verbunden - die vielfach vertrockneten Renditeaussichten von Unternehmen und Privathaushalten. Abzulesen sind diese wenig befruchtenden Rahmenbedingungen am im Jahresvergleich immer noch rückläufigen Kreditvolumen in der Eurozone.

Amerika hat die wenig fruchtbaren Konjunktur-Böden mit einer Rückbesinnung auf Industriekultur und Reformbereitschaft gedüngt und dabei kräftig Unkraut gejätet. Die USA haben endlich begriffen, dass in einem volkswirtschaftlich intakten Garten Liquiditäts- und Reformpolitik zusammengehören. Denn nur bei Regen und Sonne sprießt die volkswirtschaftlich schönste Blume: Gesundes von der Privatwirtschaft getragenes Wirtschaftswachstum. Diese Pflanze gedeiht in den Gärten der Eurozone leider immer weniger. Und schaut man sich das sprießende Unkraut der Reformablehnung in Griechenland an, das ebenso das Zeug hat, in Portugal und Spanien nach den dort im Herbst stattfindenden Parlamentswahlen zu wuchern, darf man schon dankbar sein, wenn diese Pflanze in der Euro-Peripherie nicht ganz zertreten wird. Hätten Sie als Banker Lust und Muße, in diesem verwahrlosten Garten freudestrahlend Kredite zu vergeben?

Ohnehin sind viele Euro-Banken noch bis zur Halskrause voll mit schlechten (Immobilien-)Krediten. Warum sollten sie das Fass mit noch mehr Darlehen zum Überlaufen bringen, zumal sie diese auch noch mit wertvollem Eigenkapital unterlegen müssen?

Wird Gartenfreund Mario Draghi also mit dem Ankauf von Staatspapieren scheitern, weil sein Wasser die Wurzeln der Konjunkturtriebe nicht erreicht?

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Unorthodoxes Gärtnerlatein ist gefragt

Draghi ist aber auch ein Anhänger des unkonventionellen Konjunktur-Landschaftsbaus. Wenn Banken zu viel schlechte Erde in ihrem Garten haben, sozusagen zu viele Kreditaltlasten vor sich her schieben, dann muss die minderwertige Erde eben abgetragen werden. So ist zu erwarten, dass die EZB den Banken im Zeitablauf statt Staatspapiere deutlich mehr Kredite in Form von ABS-Papieren (Asset Backed Securities) abkaufen wird. Je mehr sie das tut, umso mehr verringern sich auch die Ausfallrisiken der Banken. Und es ginge noch besser: Die EZB könnte wie in der "florierenden" Zeit der Immobilieneuphorie sogar wildwuchsartig verbriefte Kredite aufkaufen. Die Banken würden dann ihre schlechten Kreditqualitäten umfangreich los und sogar neue Kredite vergeben, weil sie diese am Ende des Tages auch wieder auf dem Haufen der Gartenabfälle der EZB entsorgen könnten. Sicherlich muss man den geldpolitischen Landschaftsgärtnern mittlerweile alle revolutionären Feldversuche zutrauen. Doch zum Instrument "Verbriefung" - finanzhistorisch ist es sehr belastet - würde man wohl erst greifen, wenn alle Stricke reißen. Auszuschließen sind sie aber nicht. Die Euro-Institutionen haben sich in den letzten fünf Jahren so einige Dinger geleistet.

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Ab Märzen der Mario den Staat für die Konjunktur einspannt

Und wie will Draghi die Eurozone in der Zwischenzeit grün bekommen? Schlag nach in den Büchern der Wirtschaftstheorie: Wenn die Geldpolitik es nicht schafft, die Konjunktur gedeihen zu lassen, muss laut dem britischen Ökonomen Keynes die Fiskalpolitik ran: Die künstliche Befruchtung der staatlichen Nachfrage solle dann die mangelnde private Nachfrage ersetzen. Und hier schließt sich der Kreis, hier hilft die Liquiditätsschwemme der EZB dann doch noch. Denn die Zinsen sind so günstig, dass es fast eine Verschwendung wäre, sie nicht für frische Staatsneuverschuldung zu nutzen, oder? Übrigens, zur Abwehr jeglicher Gartenschädlinge, die die zarten grünen Knospen der Euro-Konjunktur befallen könnten, haben m.E. weder die Leitzinsen noch die Staatsanleiherenditen der Euro-Länder ihre Tiefpunkte gesehen! Wetten dass…?

Zwar gibt es keinen wirklichen konjunkturellen Garten Eden, wenn innovationsfreundliche Privat- durch planwirtschaftliche Staatsnachfrage ersetzt wird. Das hat noch nie funktioniert. Der Garten wird zwar grün. Aber das, was wächst, will eigentlich kein Gärtner haben. Denn es ist zu viel Unkraut dabei. Eins schafft das Aufkaufprogramm der EZB aber in jedem Fall, egal wie die Liquidität in die Finanzmärkte kommt: Aktien grünen so grün, wenn Marios Liquiditätsblüten blühen. Mindestens wird ihr Verwelken verhindert.

Rechtliche Hinweise / Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenkonflikten der Baader Bank AG: https://www.bondboard.de/main/pages/index/p/128

Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank.