Am sechsten Tag des russischen Überfalls auf die Ukraine meldete der Essener Personaldienstleister Tempton, er habe die Commerzbank mit der Prüfung eines Börsengangs beauftragt, "um die künftigen überproportionalen Wachstumsmöglichkeiten noch besser zu adressieren", wie es wörtlich hieß. Tempton war 2007 aus mehreren kleineren Zeitarbeitsfirmen entstanden und zählt mittlerweile mit über 300 Millionen Umsatz und 23 Millionen Euro operativem Ergebnis zu den zehn größten Zeitarbeitsfirmen in Deutschland.

Tempton ist nur ein Beispiel, dass sich selbst mitten in den Börsenturbulenzen des Ukraine-Kriegs Firmen mit ihren Parkettplänen aus der Deckung wagen. So hat der Volkswagen-Konzern erst Ende vergangener Woche den milliardenschweren Börsengang seiner Sportwagentochter Porsche noch für dieses Jahr angekündigt. Mit einem Emissionsvolumen von 15 bis 28 Milliarden Euro könnte es einer der größten Börsengänge aller Zeiten werden.

Der schwedische Finanzinvestor EQT wiederum treibt die Vorbereitungen für einen Börsengang des Schweizer Kosmetikunternehmens Galderma voran. Mit einem Umsatz von fast 3,5 Milliarden Euro (2021) gehört die frühere Nestlé-Tochter zu den weltweit größten Anbietern der ästhetischen Medizin, also etwa Hautstraffern.

"Kameras verzeihen nichts"

Galderma-Chef Flemming Ornskov zielt auf den gesamten dermatologischen Markt mit einem geschätzten Jahresumsatz von rund 100 Milliarden Euro. Laut Ornskov brummt das Geschäft auch, weil noch nie so viele Leute ihre Zeit in Online-Meetings verbrachten. "Kameras verzeihen nichts und legen jede noch so kleine Falte offen", sagte er der "Neuen Zürcher Zeitung". Das Thema sei in sozialen Netzwerken allgegenwärtig.

Laut "Financial Times" könnte Galderma rund 20 Milliarden Euro Börsenwert auf die Waage bringen. Die Agentur Bloomberg zitierte zu Wochenbeginn aus einer Mail des EQT-Partners Michael Bauer, man treibe die Vorbereitungen für einen Börsengang mit Nachdruck voran, "auch, weil die Ereignisse in der Ukraine das Galderma-Geschäft nicht direkt beeinträchtigen". Wenn die Marktlage schwierig werde, könne man immer noch auf andere Optionen als einen Börsengang ausweichen.

Neben Galderma könnten früheren Angaben zufolge auch der deutsche Navigationsanbieter Here, die Onlinebank N26 und die Partner- und Stellenvermittler Parship und Stepstone 2022 an die Börse gehen. Auch die Beratungsgesellschaft Roland Berger prüfe das. Sie könnte mit zwei Milliarden Euro bewertet werden und die Erlöse für Übernahmen verwenden.

Vantage Towers, die Funkturmsparte von Vodafone, war einer der größten und erfolgreichsten Börsengänge des vergangenen Jahres in Deutschland.