Das Familienunternehmen aus Greifswald will in den nächsten Wochen 750 Millionen Euro mit der Platzierung neuer Aktien einnehmen, wie Cheplapharm am Montag mitteilte. Darüber hinaus wollen die Eigentümer, die Geschwister Sebastian Braun und Bianca Juha, Aktien verkaufen. Der Börsenaspirant will damit den Kauf weiterer Pharmaprodukte finanzieren und einen Teil seiner Schulden von 2,45 Milliarden Euro zurückzahlen. Es wäre die erste Emission in Frankfurt in diesem Jahr. Im zweiten Halbjahr 2021 war die Stimmung für Börsengänge abgekühlt, Cheplapharm könnte nun den "Eisbrecher" spielen.

Das Unternehmen betreibt keine eigene Pharma-Forschung, sondern hat sich in 25 Jahren für gut drei Milliarden Euro ein Portfolio von mehr als 100 zumeist verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zusammengekauft, deren Patentschutz ausgelaufen ist und die seit mindestens 20 Jahren am Markt sind. Braun will mit dem Erlös aus dem Börsengang das Wachstum beschleunigen. "Wir haben die Angebote von Finanzinvestoren immer abgelehnt und kein einziges Prozent abgegeben. Aber jetzt ist erheblich mehr machbar", sagte Braun der Nachrichtenagentur Reuters. Die Einkaufstour bei Arzneimittelkonzernen wie AstraZeneca, Novartis, Roche, Sanofi oder Takeda, die sich auf neue und patentgeschützte Produkte konzentrieren, soll 2022 weitergehen. "Um unsere Chancen nutzen zu können, wollen wir an die Börse gehen."

Neue Aktien dürften den Löwenanteil der Emission ausmachen, deutete Braun an. "Beim Börsengang steht die Kapitalerhöhung im Vordergrund. Wie aufnahmefähig der Markt darüber hinaus ist, muss man sehen." Die Familie wolle aber eine klare Mehrheit behalten. Einschließlich Schulden könnte Cheplapharm mit rund zehn Milliarden Euro bewertet werden, wie Insider zu Reuters sagten. Braun und Co-Vorstandschefin Edeltraud Lafer wollten sich dazu nicht äußern. Die Erstnotiz ist nach dem üblichen Zeitplan für Februar zu erwarten, das Unternehmen legt sich nur auf das erste Quartal fest. Organisiert wird die Neuemission von den Investmentbanken Credit Suisse, Deutsche Bank und JPMorgan.

Eigentlich hatte Cheplapharm den Gang an den Aktienmarkt bereits für den Herbst angepeilt, wegen der wackligen Börsen hatten sich die Pläne aber verzögert. Im neuen Jahr erwarten Experten einen neuen Schub von Börsengängen. Zu den größten könnten der Prothesenhersteller Ottobock und das Stellenanzeigen-Portal von Axel Springer, Stepstone, gehören.

Cheplapharm erwirtschaftet hohe Margen, weil keine Kosten für Forschung und Entwicklung anfallen. Produktion und Vertrieb hat das Unternehmen ausgelagert. In den ersten neun Monaten 2021 lag der Umsatz mit 793 Millionen Euro 60 Prozent über Vorjahr, bis zum Jahresende dürfte daraus mehr als eine Milliarde (2020: 640 Millionen) Euro geworden sein. Das operative Ergebnis (Ebitda) lag nach neun Monaten bei 481 Millionen Euro. "Wir sind einer der wenigen Börsenkandidaten, die nicht nur auf Hoffnung bauen. Unsere künftigen Umsätze sind gut vorhersehbar", sagte Braun. Die Umsätze eingeführter Medikamente bröckelten im Jahr im Schnitt nur um zwei bis vier Prozent, wenn man auf Marketing verzichte.

rtr