Deutschland hat ein Heizungsproblem: Mehr als zwei Drittel der rund 21 Millionen Heizanlagen arbeiten mit veralteter Technik, ein Drittel ist älter als 20 Jahre. Auch wenn die Anlagen technisch noch in Ordnung sind, arbeiten sie ineffizient und belasten sowohl Klima als auch Geldbeutel. Deshalb sollen sie ausgetauscht werden. Bei Heizkesseln, die vor dem Jahr 1989 eingebaut wurden, besteht sogar die Pflicht dazu. Rund eine Million Anlagen haben die Altersgrenze schon erreicht oder gar überschritten. Und jedes Jahr kommen mehr Ü-30-Heizkessel dazu.

So eine Chance lässt sich Boostheat nicht entgehen. Die Franzosen haben nach eigenen Angaben die energieeffi­zienteste Heizung der Welt entwickelt. 2011 gründeten die Ingenieure Luc Jacquet und Jean-Marc Joffroy die Firma mit keinem geringeren Ziel als einer "ökolonomischen" Revolution: ökologisch verantwortlich und ökonomisch erschwinglich.

Herzstück der Anlage ist die thermische Kompression. Dadurch wird ein Brennstoffnutzungsgrad von bis zu 200 Prozent erreicht. Anders ausgedrückt: Bei gleicher Leistung werden 50 Prozent weniger Gas verbraucht. Als Brennstoff kann Erdgas, Flüssig-, Bio- oder Synthesegas ­eingesetzt werden. Ökologisch fällt ebenso ins Gewicht, dass die Wärmepumpe mit natürlichen Stoffen wie Kohlendioxid und Wasser anstatt der sonst üblichen Fluorkohlenwasserstoffe betrieben wird.

2018 wurde die Erfindung mit dem Innovationspreis ausgezeichnet. Die ökologische Stiftung Solar Impulse verlieh das "Efficient Solution"-Siegel. Und auch für Fördergelder vom Staat ist die Anlage seit Kurzem zertifiziert. Gebaut werden die Heizungsanlagen am Standort Vénissieux bei Lyon in der ehemaligen Fertigungshalle von Bosch. Die Kapazität würde für 20 000 Stück reichen.

Große Ziele für eine Firma, die gerade erst den Kinderschuhen entwächst. 2018 wurden die ersten Heizungen in Frankreich installiert und der Vertrieb in Deutschland und der Schweiz eingerichtet. 2019 wurde das Jahresziel erreicht: 200 verkaufte Anlagen. 50 Bestellungen kamen von Holdigaz. Der Schweizer Versorger ist von Boostheat überzeugt und hat sich lange vor dem Börsengang beteiligt.

Seit dem 9. Oktober ist die Firma an der Börse. Die eingesammelten 35 Millionen Euro fließen in Produktion, Marketing und Vertrieb. 2020 sollen 1500 ­Anlagen verkauft werden. Angeheizt von der Klima­debatte sowie der Austauschpflicht der Ü30-Anlagen könnte die Innovation zum Selbstläufer werden. Für Fantasie sorgen die Gespräche mit Iserba, die 1,5 Millionen Wohnungen in Frankreich betreut. Gelingt die Kooperation, wäre das ein Riesenschritt.