Brexit-Minister David Davis kündigte einen Gesetzentwurf "binnen Tagen" an, um dem Urteil der Richter Folge zu leisten: Beim Ausstieg gebe es aber "kein Zurück mehr". Laut einem Sprecher Mays bleibt es bei dem Fahrplan, bis Ende März die Scheidung von der EU einzureichen.
Dennoch haben Brexit-Gegner theoretisch einen Hebel in der Hand, die Pläne abzuändern oder gar zu durchkreuzen. Laut Davis soll ein "so einfach wie möglich gestalteter Gesetzentwurf" ins Parlament eingebracht werden. Mit der angestrebten zügigen Verabschiedung soll sichergestellt werden, dass der Austrittsprozess gemäß Artikel 50 des EU-Vertrags bis Ende März beginnen kann.
Zugleich wiesen die Richter Anträge ab, den Regionalparlamenten in Wales, Schottland und Nordirland ebenfalls ein Mitspracherecht einzuräumen. Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon äußerte sich enttäuscht und brachte erneut die Unabhängigkeit ihrer Region ins Gespräch: "Es wird immer klarer, dass Schottland diese Wahl treffen muss." Ebenso wie die Nordiren hatten sich die Schotten beim Brexit-Votum der Briten im Sommer 2016 mehrheitlich für einen Verbleib ihrer jeweiligen Region in der EU ausgesprochen.
Das Urteil des Obersten Gerichts in Großbritannien sorgte in der deutschen Wirtschaft für weitere Verunsicherung: "Der Weg zum Brexit ist mit neuen Fragezeichen versehen. Das verunsichert auch die deutschen Unternehmen", sagte der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier. Das Pfund Sterling reagierte mit Verlusten auf die Gerichts-Entscheidung. "Das Urteil ist ein Schlag ins Gesicht der britischen Regierung", sagte Händler Jawaid Afsar vom Finanzhaus Securequity.
"URTEIL SCHAFFT ENDLICH KLARHEIT"
SPD-Europapolitiker begrüßen unterdessen das Urteil zur frühzeitigen Einbindung des Parlaments in den Brexit-Prozess: "Der Supreme Court schafft endlich Klarheit", teilten der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Axel Schäfer und der europapolitische Sprecher Norbert Spinrath mit. Die Einbindung des Parlaments verringere spätere rechtliche Unsicherheiten. Vor dem Referendum im Juni hatten sich rund drei Viertel der 650 Unterhausabgeordneten für einen Verbleib in der EU ausgesprochen. Viele von ihnen haben aber signalisiert, dass sie den im Referendum geäußerten Willen des Volkes respektieren wollen. Doch im Oberhaus, wo die Konservativen keine Mehrheit haben, könnte May mit ihren Plänen auf größere Skepsis treffen.
Oppositionschef Jeremy Corbyn von der Labour-Partei signalisierte, dass er May zwar keinen Stein in den Weg legen, aber das Parlament in den Austrittsprozess einbinden möchte. Labour respektiere "den Ausgang des Referendums und den Willen des britischen Volkes". Allerdings müsse die Regierung dem Parlament während der Austrittsverhandlungen Rede und Antwort stehen und die Volksvertreter auch über das Ergebnis abstimmen lassen.
Nach den Plänen Mays soll sich Großbritannien 2019 endgültig aus der EU verabschieden und das britische Parlament zuvor über das Ergebnis der Austrittsverhandlungen abstimmen. May will einen harten Schnitt. Das Land soll demnach aus dem Binnenmarkt und der Zollunion austreten und stattdessen ein neues Freihandelsabkommen mit der EU vereinbaren.
May wird als erster europäischer Staatsgast nach dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump am Freitag in Washington mit dem Republikaner zusammenkommen. Sie will dabei unter anderem die künftigen Handelsbeziehungen zwischen Großbritannien und den USA diskutieren. Dies hat Brüssel auf den Plan gerufen: Der Erste Vize-Präsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, betonte, Großbritannien könne bilaterale Handelsabkommen erörtern, aber keinesfalls abschließen. EU-Staaten dürften solche Verträge mit Drittländern nicht abschließen, solange sie Mitglieder der EU seien: "Vorher ist das nicht erlaubt", betonte Timmermans vor Reportern.
rtr