Das sei die Voraussetzung, um ein Freihandelsabkommen auszuhandeln, sagte der Ire am Freitag in Berlin vor Beginn der Beratungen der europäischen Finanzminister. EU-Chefunterhändler Michel Barnier betonte, angesichts mangelnder Fortschritte bei den laufenden Verhandlungen über die künftigen Beziehungen treibe die EU Planspiele für einen harten Brexit zum Jahresende voran.

Die Regierung von Premierminister Boris Johnson hat angekündigt, sich in einem geplanten Gesetz für den britischen Binnenhandel in Teilen über den ratifizierten Scheidungsvertrag mit der EU hinwegzusetzen. Die EU pocht darauf, dass sich London an den Vertrag und die Zusage halten muss, keine sogenannte harte Grenze zwischen der britischen Provinz Nordirland und dem EU-Land Irland zuzulassen.

Durch diesen neuen Streit werden die laufenden Gespräche zwischen beiden Seiten zusätzlich belastet, die sich bereits bei den Themen Staatsbeihilfen und Fischereirechte verhakt hatten. Ein Krisentreffen hatte nach EU-Darstellung kein befriedigendes Ergebnis erbracht. Die Brüsseler Kommission warnte danach vor einer Verabschiedung des Gesetzes durch das Parlament. Sollte Großbritannien das Vorhaben weiter vorantreiben, wäre dies ein "extrem ernsthafter Verstoß" gegen das Scheidungsabkommen und gegen internationales Recht. Der Alleingang habe die Vertrauensbasis zwischen Brüssel und London "schwerwiegend beschädigt".

Das Vereinigte Königreich ist Ende Januar aus der EU ausgetreten. Bis Jahresende gilt aber noch eine Übergangsphase, in der die künftigen Beziehungen etwa im Bereich Handel geklärt werden sollen. Gelingt keine Einigung, droht ein ungeregelter EU-Austritt Großbritanniens. Experten warnen in einem solchen Fall vor schweren wirtschaftlichen Folgen für beide Seiten.

"VERTRÄGE MÜSSEN GEACHTET WERDEN"


Bundesfinanzminister Olaf Scholz als Gastgeber des europäischen Ministertreffens sagte am Freitag in Berlin, die Verhandlungen müssten bis zum letzten Versuch fortgeführt werden. "Es ist klar, dass sich alle an das halten müssen, was vereinbart wurde. Verträge müssen geachtet werden." Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire ergänzte, die EU werde nichts akzeptieren, was den europäischen Binnenmarkt schwäche.

London treibt unterdessen seine Planungen für die Zeit nach dem endgültigen Abschied von der EU voran: Großbritannien einigte sich mit Japan auf ein Handelsabkommen. Dieses solle ab dem 1. Januar 2021 gelten, kündigte das Handelsministerium in London an. Das erste Abkommen seit dem Austritt aus der Europäischen Union zu Jahresbeginn sichere, dass 99 Prozent der britischen Exporte in die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt zollfrei seien. Der Handel mit Japan könne mit der Vereinbarung auf lange Sicht um etwa 15,2 Milliarden Pfund (etwa 16,5 Milliarden Euro) wachsen, hieß es. Die Digital- und Datenvereinbarungen gingen "weit" über die Bestimmungen des EU-Handelsabkommens mit Japan hinaus und unterstützten britische Fintech-Firmen, die in dem asiatischen Land tätig seien, so das Ministerium.

rtr