"Ich bin leider wenig optimistisch, dass sich daran im folgenden Jahr viel ändern wird", sagte der Präsident des Industrieverbandes BDI, Ulrich Grillo. Sein Kollege Eric Schweitzer vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) warnte: "Ich befürchte, dass die momentan noch gute wirtschaftliche Lage trügerisch ist". Dagegen bleibt Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer optimistisch: "Sehr positiv" sieht er 2017 und sagte dem Handwerk ein Wachstum von zweieinhalb Prozent voraus.

Große Risiken gibt es den Verbandspräsidenten zufolge im Übermaß. "Das Brexit-Votum der Briten kann zu einem Rückschlag für den europäischen Binnenmarkt führen, insbesondere auch für die deutsche Wirtschaft - denn Großbritannien ist unser drittwichtigster Exportpartner", erklärte Schweitzer. "Auch die freihandelskritischen Wahlkampf-Aussagen Donald Trumps verunsichern die deutschen Unternehmen." Nicht gut sehe es zudem um den Zusammenhalt Europas aus. "EU-kritische Stimmen gewinnen an Zulauf".

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer formulierte seine Befürchtungen noch schärfer. "Nationalistische Tendenzen sind Gift für die gesamte Gesellschaft: Europa muss sich auf seine Gemeinsamkeiten besinnen". Eindringlich warnte Kramer vor jeder Art von wirtschaftlichem Protektionismus, der in der Exportnation Deutschland eine Gefahr für Jobs und Wohlstand werden könne: "Anstelle von Populismus und Polarisierung brauchen wir eine konstruktive Debatte über wichtige Weichenstellungen".

BDI-Präsident Grillo stimmt in den sorgenvollen Chor ein. "Weltweit hat die Unsicherheit zugenommen. Die Unvorhersagbarkeit wächst immer mehr", sagte er. "Die Weltwirtschaft tritt auf der Stelle, weil die Situation noch unübersichtlicher geworden ist." Die Lehre aus 2016 könne nur sein: "Expect the unexpected" (Rechne mit dem Unerwarteten). "Wachsende Selbstzweifel in der westlichen Welt und eine steigende Selbstüberschätzung bei den Autokraten könnten in Kombination mit populistischen Scharfmachern dazu führen, dass politische Instabilität weltweit zunimmt", mahnte er. Auch Außenhandelspräsident Anton Börner sieht in den vielen Unsicherheiten eine große Last für die Wirtschaft.

Allein bei Handwerkspräsident Wollseifer überwiegen die zuversichtlichen Töne. Er hält die Präsidentenwahl in den USA und das EU-Austrittsvotum in Großbritannien für "Momentaufnahmen im demokratischen Prozess". Ob daraus Schlechtes erwachse, hänge davon ab, "wie wir alle, vor allem die Politik, reagieren". Als zentrale Aufgabe für 2017 sieht er die Integration der Hunderttausende an Flüchtlingen. Seine Kollegen aus den anderen Verbänden nennen die Digitalisierung und die Ausbildung dringend benötigter Fachkräfte. Mit Blick auf den Bundestagswahlkampf raten die Verbandschefs, sich mehr um Wettbewerbsfähigkeit und zukunftssichere Arbeitsplätze in Deutschland zu kümmern.

Ungeachtet vieler Fragezeichen sehen sie für 2017 für die Wirtschaftsentwicklung nicht schwarz. So sprach Arbeitgeberpräsident Kramer von "Stabilität in unsicheren Zeiten". Sein DIHK-Kollege Schweitzer veranschlagt das deutsche Wachstum 2017 zwar nur noch bei 1,2 Prozent, hält aber 450.000 zusätzliche Arbeitsplätze für möglich. BDI-Präsident Grillo meint zwar, dass Deutschland unter seinen Möglichkeiten bleibe. Doch auch er erwartet ein stabiles Wirtschaftswachstum, das aber stark von den Niedrigzinsen und dem schwachem Euro abhänge, der die Exporte begünstigt.

rtr