"Wir alle sind mürbe und der Pandemie müde", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz nach der Spitzenrunde mit den Länderchefs in Berlin. Aber: "Corona macht keine Weihnachtspause." Daher seien weitere Einschränkungen zum jetzigen Zeitpunkt erforderlich.
Die Einschränkungen für Ungeimpfte wie etwa die 3G-Regel am Arbeitsplatz und im öffentlichen Nahverkehr sowie die 2G-Regel für Einzelhandel, Gastronomie und Kultur bleiben bestehen. Zudem beschlossen Bund und Länder die Schließung von Clubs und Diskotheken. Großveranstaltungen wie Fußball-Spiele müssen bis auf weiteres ohne Zuschauer ausgetragen werden. Auch das Verkaufsverbot für Feuerwerk gehört dazu. Es sei absehbar, dass Omikron "die Zahlen in den nächsten Wochen massiv ansteigen lassen" werde, sagte Scholz. "Wir können und dürfen nicht die Augen verschließen vor dieser nächsten Welle." Am 7. Januar wollen Bund und Länder die nächste Bestandsaufnahme machen und über das weitere Vorgehen beraten.
Scholz mahnte, am wichtigsten bleibe das Impfen und hier auch das sogenannte Boostern. Das Ziel von 30 Millionen Impfungen bis Jahresende werde erreicht, bekräftigte der Kanzler und gab das Ziel aus, bis Ende Januar noch einmal 30 Millionen Dosen verabreicht zu haben. Die Ständige Impfkommission (Stiko) ebnete den Weg für frühere Auffrischimpfungen. Sie empfiehlt nun für den Booster einen Abstand von nur noch mindestens drei Monaten, wie die beim Robert-Koch-Institut (RKI) angesiedelte Institution mitteilte.
Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst, forderte zudem die Vorbereitungen zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht voranzutreiben. "Dieses Thema fordert Tempo und Klarheit", sagte der CDU-Politiker nach dem Spitzentreffen von Bund und Ländern. Das Auftreten der Omikron-Variante erhöhe die Dringlichkeit der für Februar 2022 in den Blick genommene Einführung einer allgemeinen Impflicht.
Für Irritationen in der Bund-Länder-Runde eine neue Empfehlung des RKI unmittelbar vor Beginn des Treffens. Darin empfahl es maximale Kontaktbeschränkungen, die sofort eingeführt werden und zunächst bis Mitte Januar gelten sollten. Gleichzeitig forderte das RKI angesichts der sprunghaften Ausbreitung der Omikron-Variante eine Steigerung der Impfungen auf eine maximale Geschwindigkeit. Scholz sieht die Beschlüsse der Bund-Länder-Runde nicht im Widerspruch zu den Empfehlungen. "Ich bin sehr dankbar für die Arbeit, die das RKI leistet", sagte der SPD-Politiker.
"WIR SEHEN EINEN WEITEREN STURM KOMMEN"
Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) breitet sich die Omikron-Variante in Europa immer stärker aus. Sie sei bereits in Portugal, Dänemark und Großbritannien dominant und werde innerhalb weniger Wochen in weiteren Ländern dominieren, sagte der Europa-Chef der WHO, Hans Kluge. Die Infektionszahlen würden sich in den betroffenen Ländern alle eineinhalb bis drei Tage verdoppeln und die bereits angespannten Gesundheitssysteme an ihre Grenzen bringen. "Wir sehen einen weiteren Sturm kommen", sagte Kluge. Die Bevölkerung rief er auf: "Boostet, boostet, boostet".
Für Dienstag meldete das RKI binnen 24 Stunden 23.428 Corona-Neuinfektionen. Das sind 7395 Fälle weniger als am Dienstag vor einer Woche. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz sank auf 306,4 von 316,0 am Vortag. Auf eine Entspannung der Lage deutet das aber nicht hin. Das RKI schätzt die Infektionsgefährdung nun auch für Geimpfte als "hoch" ein und nicht mehr nur als "moderat". Letzteres gilt nun nur noch für Geboosterte mit dreifacher Impfung. Insgesamt schätzt das RKI die Gefährdung für die Bevölkerung als "sehr hoch" ein. Wegen Omikron könne es zu einer schlagartigen Erhöhung der Infektionsfälle und einer schnellen Überlastung des Gesundheitssystems und auch weiterer Versorgungsbereiche kommen.
rtr