Weidmann warnte die Europäische Zentralbank (EZB) davor, sich vor den Karren der Politik spannen zu lassen. Ansonsten riskiere sie ihre Unabhängigkeit. "Wenn die Notenbank politisches Nichthandeln kompensiert, wird der Druck, dieses wieder und wieder zu tun, immer größer, und sie läuft Gefahr, ihr Ziel der Preisstabilität aus dem Blick zu verlieren."

Der EZB-Rat hatte zuletzt mehrheitlich beschlossen, ab Oktober in großem Stil Kreditverbriefungen und Pfandbriefe aufzukaufen, um die Bilanzen der Banken zu entlasten und so den Kreditfluss und die Konjunktur anzukurbeln. Weidmann ließ durchblicken, dass er in dem Gremium zur Minderheit der Gegner dieses Instruments gehört, und betonte seine Bedenken. "Je nach Ausgestaltung besteht die Gefahr, dass Banken zulasten der Steuerzahler von Risiken befreit werden", kritisierte er. "Das ist aber sicher nicht die Aufgabe der EZB." Wenn überhaupt solle die Zentralbank nach sorgfältiger Prüfung nur risikoarme Papiere übernehmen.

"ICH WERDE NICHT WEGLAUFEN"

Weidmann warnte zugleich vor Spekulationen über weitere Schritte der EZB. Wer dies tue, stelle die Wirkung der bereits beschlossenen Maßnahmen infrage. An den Finanzmärkten wird derzeit die Frage diskutiert, ob die Zentralbank mit breit angelegten Staatsanleihenkäufen nachlegen wird. Fachleute sprechen hier von einer quantitativen Lockerung (Quantitative Easing, QE). Weidmann lehnt dieses Mittel ab, weil es aus seiner Sicht einer Umgehung des Verbots der Staatsfinanzierung gleichkäme.

Weidmann machte deutlich, dass er trotz der Kontroversen im EZB-Rat dort auch künftig die Fahne der Bundesbank hochhalten werde. "Ich wusste, welche Konflikte auf mich zukommen könnten", sagte er. "Davor will und werde ich nicht weglaufen." Weidmanns Vorgänger Axel Weber sowie der deutsche EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark waren im Streit um die Geldpolitik von ihren Posten zurückgetreten.