BÖRSE-ONLINE.de: Was halten Sie vom aktuellen Wahlkampf?
Jörg Krämer: Zwar hat der Wahlkampf zuletzt etwas an Schwung gewonnen. Aber über die wichtigen wirtschaftspolitischen Probleme wird viel zu wenig diskutiert.
Welche Aufgaben sollte die nächste Bundesregierung am dringendsten anpacken?
Die Liste der drängenden Probleme ist lang. Für am dringendsten halte ich eine Beschleunigung des Planungsrechts. Es kann nicht sein, dass wichtige Infrastrukturprojekte bis zur Verwirklichung häufig mehr als zwanzig Jahre benötigen. Die Klage- und Widerspruchsrechte müssen begrenzt werden, wenn wir nicht die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands sowie die Klimawende gefährden wollen.
Was erhoffen Sie sich von der kommenden Regierungsperiode?
Eine neue Bundesregierung hat viel zu tun. Sie muss die öffentliche Verwaltung endlich entschieden digitalisieren. Das Planungsrecht muss entschlackt werden, damit Infrastrukturprojekte wie die zur Energiewende notwendigen neuen Stromtrassen nicht mehr als zehn Jahre in der Planungsphase feststecken. Außerdem stehen Grundsatzentscheidungen in der gesetzlichen Rentenversicherung an, wenn nicht in ein paar Jahren die Hälfte des Bundeshaushaltes als Zuschuss für die Rentenversicherung drauf gehen soll. Schließlich muss eine neue Bundesregierung Prioritäten bei den Staatsausgaben setzen, um das Haushaltsdefizit wieder im Einklang mit der Schuldenbremse des Grundgesetzes zu bringen.
Was bedeutet die anstehende Bundestagswahl für Anleger?
Die Anleger können mit den meisten denkbaren Wahlausgängen leben. Bedenken gibt es bei vielen Anlegern jedoch gegen ein rot-grün-rotes Bündnis. Denn eine solche Koalition würde wohl eine Vermögensteuer einführen, die für viele mittelständische Unternehmen problematisch wäre. Außerdem würde der Arbeitsmarkt weiter reguliert. Schließlich könnten Zweifel an Deutschlands Verankerung im westlichen Bündnis aufkommen, weil die Linke die Nato ablehnt.