In seiner Begründung stellt das BVerfG konkret fest, dass die PSPP-Beschlüsse der EZB trotz der EuGH-Entscheidung als "Ultra-vires-Maßnahmen" zu qualifizieren seien. Das bedeutet: Die EZB hat, so wie sie verfahren ist, außerhalb der ihr zustehenden Kompetenzen gehandelt. Das Gericht gibt den Beschwerdeführern allerdings nur in Teilen Recht, weil sie wiederum den Vorwurf der monetären Staatsfinanzierung verneint. Was folgt nun konkret aus dem Urteil?
» Das BVerfG gibt der EZB drei Monate Zeit, die Verhältnismäßigkeit der gewählten Mittel nachvollziehbar gegenüber der Öffentlichkeit zu begründen. Erfolgt diese Begründung und Bundesregierung und Bundestag akzeptieren diese, kann das PSPP mit Beteiligung der Bundesbank fortgesetzt werden. Liefert die EZB hingegen keine ausreichende Begründung, ist der Bundesbank die weitere Teilnahme am PSPP untersagt.
» Wegen der fehlenden rechtlichen Zuständigkeit findet das Urteil aber keine Anwendung auf die EZB und das PSPP im Allgemeinen. Das BVerfG kann also nicht das PSPP europaweit stoppen.
» Das BVerfG weist die Bundesbank ferner an, für eine langfristige Rückführung der Anleihenbestände Sorge zu tragen. Das Gericht stellt damit fest, dass das PSPP nicht als Dauerlösung angelegt werden kann.
» Das heutige Urteil findet keine Anwendung auf das neue Programm PEPP; das stellt das BVerfG ausdrücklich fest.
» Die EWU-Märkte reagieren eher moderat auf das heutige Urteil. BTP-Bund-Spreads weiten sich um bis zu acht Basispunkte aus, während Bund-Renditen nur zeitweise etwas höher notierten.
» Dies mag auch damit zusammenhängen, dass dem Markt klar ist, dass das Urteil des BVerfG nicht das Ende der EZB-Programme bedeutet. Die EZB hat nun Zeit, die Verhältnismäßigkeit des PSPP darzustellen und eigentlich sollte ihr das auch gelingen. Aber selbst wenn Bundesregierung und Bundestag für sich feststellen, dass die Verhältnismäßigkeit nicht gegeben ist und damit die Bundesbank nicht mehr am PSPP teilnimmt, könnte das ESZB und die EZB selbst einspringen und den Kaufanteil der Bundesbank übernehmen.
» Langfristig könnte sich aus dem Urteil des BVerfG allerdings eine "Never-Ending-Story" ergeben. Wenn die EZB für Aussagen und Erwartungen Annahmen trifft, so wie dies, weniger im juristischen Bereich aber mehr im volkswirtschaftlichen Bereich, die Vorgehensweise ist, dann kann ein "Verhältnismäßigkeitsbericht" immer wieder öffentlich debattiert und juristisch angegriffen werden.
Stefan Bielmeier ist Chefvolkswirt der DZ-Bank.