Emmanuel Macron hat bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl in Frankreich nach Zahlen des Innenministeriums 27,6 Prozent der Stimmen geholt. Marine Le Pen kommt auf 23,4 Prozent. Damit ziehen beide in die Stichwahl am 24. April ein - bei der Umfragen ein deutlich knapperes Rennen als 2017, als Macron gewonnen hatte, vorhersagen.

Bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich haben es laut Hochrechnungen wie erwartet Amtsinhaber Macron und die Rechtspopulistin Marine Le Pen in die Stichwahl in zwei Wochen geschafft. Hat der Wahlsieg Macrons überhaupt Auswirkungen auf die Börsen angesichts der Gesamtlage?


An den Börsen spielen derzeit andere Aspekte die Hauptrolle, allen voran der Ukrainekonflikt, die gegenüber Russland verhängten Sanktionen und deren Auswirkungen auf die Energie- und Rohstoffpreise sowie globale Lieferketten. Hinzu kommt die bereits begonnene Zinswende in den USA. Entsprechend fand die erste Runde der Präsidentschaftswahlen in Frankreich nur am Rande Beachtung, zumal der Einzug Macrons in die Stichwahl und damit vorerst politische Kontinuität erwartet wurde.

Es wird ein knapperer Ausgang als 2017 erwartet. Was würde es für die Märkte bedeuten, sollte überraschend doch Marine Le Pen gewinnen?


Sollte Marine Le Pen die Stichwahl gewinnen, käme zumindest kurzfristig ein weiterer Belastungsfaktor an den europäischen Börsen hinzu. Zwar tritt sie im Vergleich zu 2017 moderater auf und verfolgt bspw. nicht mehr einen Austritt Frankreichs aus der Europäischen Union. Allerdings steht sie weiterhin für einen weniger europafreundlichen, eher nationalistischen Kurs. Zudem plant sie Teile der wirtschaftsliberalen Reformen Macrons zurückzunehmen, kündigte an, "hart gegen die Finanzmärkte vorzugehen" und möchte die Menschen angesichts stark steigender Lebenshaltungskosten entlasten, bspw. über eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Energie. Letzteres würde den Konsum unterstützen. Die Wettbewerbsfähigkeit Frankreichs dürfte unter Marine Le Pen allerdings leiden und die Staatsschulden steigen. Wahrscheinliche Auswirkungen wären damit ein tendenziell noch höherer Inflationsdruck und noch stärker steigende Zinsen. Da die europäische Kooperation schwieriger werden würde, wären auch steigende Risikoprämien für Staatsanleihen der Euroland-Peripheriestaaten wahrscheinlich.

Setzen die Börsen jetzt auf einen Sieg von Macron?


Bis zur Stichwahl werden Anleger die Entwicklung der Umfragen im Blick behalten. Derzeit liegt Macron nur knapp vor Le Pen. Anders als bisher wird er sich wohl verstärkt im Wahlkampf engagieren und sich neben der außenpolitischen Positionierung zur Beilegung des Ukrainekonflikts auch innenpolitischen Themen, vor allem dem steigenden Inflationsdruck, widmen müssen. Sollten die Umfragen zugunsten Le Pens umschlagen - was bisher kaum eingepreist sein dürfte - wären entsprechende Marktreaktionen, also Abwärtsdruck auf Aktien und Euro sowie steigende Zinsen, zu erwarten. Fraglich ist allerdings, wie stark diese an den Börsen tatsächlich spürbar wären, da die großen Kursbewegungen weiterhin durch den Krieg und die weltweit ohnehin deutlich steigenden Zinsen erfolgen.

In Umfragen gaben viele Franzosen an, nicht mit der Wirtschaftspolitik von Macron zufrieden zu sein. Die Arbeitslosenquote ging zwar deutlich zurück, er setzte allerdings auch auf unpopuläre Maßnahmen wie die Anhebung des Rentenalters und schärfere Auflagen für Sozialleistungen. Im Wahlkampf stellte er den Schutz der Verbraucher vor steigenden Strom- und Benzinpreisen in Aussicht. Was erwarten Sie für die künftige Wirtschaftspolitik von Macron?


Die grundsätzliche wirtschaftspolitische Ausrichtung würde sich bei einem Sieg Macrons kaum ändern. Er dürfte seine wirtschaftsliberale Agenda der letzten Jahre mit der Senkung von Unternehmenssteuern fortsetzen und noch nicht erreichte Ziele angehen, bspw. eine Rentenreform inklusive einer Anhebung des Renteneintrittsalters auf 65 Jahre oder eine Reform der Arbeitslosenhilfe. Energiepolitisch setzt er auf den Ausbau der Atom- und Windenergie. Zudem liegt sein Fokus auf der Unterstützung innovativer Unternehmen und Startups. Allerdings reagierte er zuletzt auch auf die zunehmende Sorge vieler Franzosen angesichts hoher Preissteigerungsraten und versprach, hier für Entlastung zu sorgen.