BÖRSE ONLINE: Die Corona-Krise schwelt schon länger. Wie erleben Sie die aktuelle Eskalation?
Carsten Mumm: Die internationalen Börsen haben einen kurzfristigen Realitätsschock durchlebt. Bis Ende letzter Woche passten die Rekordstände bei vielen Aktienindizes kaum zur realwirtschaftlichen Situation, die in Deutschland nach wie vor noch keine konjunkturelle Erholung erkennen lässt. Mit der Ausbreitung des Coronavirus in Italien wurde Marktteilnehmern bewusst, dass die Auswirkungen die ohnehin schwächelnde globale Konjunktur weiter belasten. Umso deutlicher korrigierten jetzt innerhalb weniger Tage die Aktienkurse.
BÖRSE ONLINE: Sie glauben, es handelt sich lediglich um eine Korrektur überzogener Erwartungen?
Carsten Mumm: Zumindest hat diese Marktbewegung die Aktienkurse wieder an ein mit der realwirtschaftlichen Situation besser zu vereinbarendes Niveau herangeführt.
BÖRSE ONLINE: Die Stimmung ist aufgeheizt und extrem nervös. Wie weit könnte es mit dem DAX noch talwärts gehen?
Carsten Mumm: Auf den DAX bezogen ist aktuell der Test der 200-Tagelinie, also bei 12.656 Punkten. Das ist eine wichtige Richtungsentscheidung. Sollte diese Marke nicht halten, lägen die nächsten Unterstützungen bei 12.408 und dann bei 12.119 Punkten. Aus heutiger Sicht ist davon auszugehen, dass diese Marken dem Worst Case entsprechen.
BÖRSE ONLINE: Sehen Sie bereits Einstiegschancen?
Carsten Mumm: Ja. Generell bieten die aktuellen Kursniveaus Einstiegschancen, denn wesentliche marktstützende Parameter haben sich nicht verändert. Vor allem die weltweit wieder expansivere Geldpolitik mit dem resultierenden strukturellen Niedrigzinsumfeld und die anstehenden US-Präsidentschaftswahlen sind gewichtige stabilisierende Faktoren. Unter der Basisannahme, dass die Verbreitung des Coronavirus spätestens mit dem einsetzenden Frühling auf der Nordhalbkugel an Dynamik nachlässt und dass in China die Neuinfektionszahlen zeitnah zurückgehen, bestehen gerade bei den Branchen, die unter der Korrektur besonders gelitten haben, die Möglichkeit zum Positionsaufbau, etwa bei Unternehmen aus der Luftfahrt, Reiseveranstaltern oder Konsumgüter- beziehungweise Luxusgüterherstellern.