In Parteikreisen hieß es weiter, CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer und Gesundheitsminister Jens Spahn wollten für die Nachfolge Merkels an der Parteispitze kandidieren.

Auch der frühere Unions-Fraktionschef Friedrich Merz sei bereit, auf dem Bundesparteitag im Dezember anzutreten. Merkel selbst hatte bislang immer erklärt, eine personelle Trennung von Kanzlerschaft und Parteivorsitz sei für sie ausgeschlossen.

Merkel machte bei dem Treffen laut Parteikreisen klar, dass sie bis 2021 Kanzlerin bleiben wolle. Danach werde sie nicht wieder antreten, auch nicht für den Bundestag. Die Übernahme eines EU-Amtes lehnte sie demnach ab. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte, die Kanzlerin habe immer gesagt, sie stehe für die gesamte Wahlperiode zur Verfügung. In den CDU-Kreisen hieß es weiter, das Präsidium habe Merkel nicht zurückgepfiffen. Merkel sei nicht wie CSU-Chef Horst Seehofer. "Eine Frau ein Wort", sagte ein Insider mit Blick darauf, dass Seehofer im Sommer seinen Rücktritt anbot, die CSU-Führung diesen aber ablehnte. Wenn aber Merkel das so ankündige, habe sie es sich genau überlegt. Über Nachfolger wurde demnach im Parteipräsidium nicht gesprochen.

Zahlreiche CDU-Spitzenpolitiker zeigten sich von dem Schritt Merkels völlig überrascht. Denn am Morgen sei in einer Telefonschalte aller CDU-Landesspitzen der klare Tenor gewesen, dass die Hessen-Wahl schlimmer hätte ausfallen können. Thüringens CDU-Chef Mike Mohring sprach angesichts der Entwicklungen in Berlin von einer Zeitenwende für seine Partei. Die Arbeit Merkels als Kanzlerin sei von dem angekündigten Rückzug vom Parteivorsitz nicht berührt, betonte er.

Die CDU musste in Hessen am Sonntag einen Einbruch in der Wählergunst von mehr als elf Prozent hinnehmen. Dafür war vor allem die Unzufriedenheit der Wähler mit der Bundespolitik und der Streit in der großen Koalition verantwortlich gemacht worden. Allerdings blieb die CDU stärkste Kraft und kann die schwarz-grüne Landesregierung mit einer Stimme Mehrheit fortsetzen, weil die Grünen deutlich zulegen konnten. Auch die SPD verlor deutlich. Parteichefin Andrea Nahles schließt personelle Konsequenzen aber aus: "Eine personelle Neuaufstellung ist nicht in Rede in der SPD", sagte sie in Berlin. Sie räumte ein: "Es ist klar, dass die Bundespolitik nicht für Rückenwind, sondern für Gegenwind gesorgt hat."

ÄMTERTRENNUNG FÜR "ÜBERGANGSPHASE" MÖGLICH



Die CDU wählt im Dezember turnusgemäß eine neue Parteispitze und auch einen Bundesvorsitzenden. Merkel wollte sich nach 18 Jahren Amtszeit zunächst um eine weitere und womöglich letzte Amtszeit bewerben. Angesichts der anhaltenden Wahlniederlagen entbrannte allerdings eine Personaldiskussion. Merkel hatte eine Ämtertrennung bisher stets abgelehnt und verwies wiederholt darauf, dass die Abgabe des SPD-Vorsitzes durch den damaligen Kanzler Gerhard Schröder das Ende der rot-grünen Regierung eingeleitet habe.

Die Spekulationen auf Bewegung in der großen Koalition gab dem deutschen Aktienmarkt zusätzlichen Anschub. Der Dax baute seine Gewinne am Vormittag aus und gewann zeitweise knapp zwei Prozent. "Für die Anleger kommt es nur darauf an, dass etwas passiert", sagte ein Börsianer. Welche Veränderungen am Schluss kämen, sei zweitrangig.

In der CDU selbst ist die Frage einer Ämtertrennung umstritten. Traditionell sind CDU-Kanzler ebenfalls Parteivorsitzende. Seehofer ist zwar weiterhin CSU-Chef. Allerdings war er im März vom damaligen Finanzminister Markus Söder als bayerischer Ministerpräsident abgelöst worden.

Merz war von 2000 bis 2002 Vorsitzender und in den Jahren 1998 bis 2000 und 2002 bis 2004 stellvertretender Vorsitzender der Unions-Bundestagsfraktion. Er galt damals als Rivale Merkels. Der Rechtsanwalt ist derzeit Senior Counsel im Düsseldorfer Büro der internationalen Anwaltskanzlei Mayer Brown. Zu seinen Mandanten zählen nach Angaben der Kanzlei zahlreiche Dax-Unternehmen und internationale Konzerne.

rtr