Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle sagte, der Erlass einer einstweiligen Anordnung hätte sich negativ und irreversibel auf die internationale Stellung der Europäischen Union ausgewirkt. Allerdings prüfen die Richter die Verfassungsmäßigkeit von Ceta in einem Hauptsacheverfahren. Eine Entscheidung darüber wird im kommenden Jahr erwartet.

Die Bundesregierung muss nun sicherstellen, dass ab dem kommenden Jahr ausschließlich Teile des Abkommens gelten, die in die Zuständigkeit der EU fallen. Das von den Klägern beanstandete Investitionsgericht für Schadensersatzklagen von Unternehmen dürfte damit erst nach der vollständigen Ratifizierung durch alle nationalen Parlamente eingerichtet werden. Als zweites verlangen die Bundesrichter die Gewähr einer Rückbindung des Ceta-Ausschusses zur Auslegung des Abkommens an den Bundestag. Schließlich muss die Bundesrepublik bei der Unterzeichnung verbindlich erklären, dass Deutschland von einem einseitigen Kündigungsrecht ausgeht. Damit ist ein Ausstieg aus Ceta möglich, falls die Verfassungsrichter im Hauptsacheverfahren den Vertrag für grundgesetzwidrig erklären sollten.

Bundeswirtschaftsminister Gabriel hatte in der mündlichen Verhandlung am Mittwoch eine solche Erklärung bereits zugesichert. Er warnte vor einem schweren Schaden für das Ansehen Deutschlands und der EU, wenn der Pakt am Nein der Bundesregierung scheitern würde. Das Vertragswerk kann nur mit Zustimmung aller 28 EU-Mitgliedstaaten inkraft treten.

Mit der Karlsruher Entscheidung steht Deutschland dem Zeitplan zum Beschluss des Abkommens in der EU nicht im Wege. Allerdings gibt es Vorbehalte gegen Ceta auch noch in Österreich, Belgien und Rumänien. Für den 18. Oktober ist ein Treffen der EU-Handelsminister geplant, bei dem sie dem Ceta-Vertrag zustimmen sollen. Bei einem EU/Kanada-Gipfel am 27. Oktober soll dann die Unterzeichnung stattfinden und die vorläufige Anwendung der EU-bezogenen Teile des Vertrags vereinbart werden. Nach Zustimmung des Europäischen Parlaments soll das Freihandelsabkommen ab 2017 in den freigegebenen Teilen vorläufig angewendet werden. Die endgültige Ratifizierung ist erst vollzogen, wenn alle nationalen Parlamente dem Vertrag zugestimmt haben. Dies wird voraussichtlich Jahre dauern.

ENTSCHEIDUNG ÜBER VERFASSUNGSBESCHWERDEN STEHT AUS



Über die Verfassungsbeschwerden gegen Ceta muss das Gericht jetzt noch entscheiden, voraussichtlich erst im kommenden Jahr. Die Beschwerdeführer sehen durch Ceta-Ausschüsse und Klagemöglichkeiten für Unternehmen vor einem Investitionsgericht die Demokratie und ihr individuelles Wahlrecht ausgehebelt, weil die Rechte des Bundestages beschnitten wären. Geklagt haben ein Bündnis der Initiativen Mehr Demokratie, Foodwatch und Campact sowie ein Ehepaar aus Lüdenscheid mit Vollmachten von zusammen mehr als 190.000 Unterstützern. Auch Parlamentarier der Linken und ein EU-Abgeordneter der Ökologisch-Demokratischen Partei legten Beschwerde ein.

Während in Deutschland Hunderttausende gegen Ceta auf die Straße gingen, gibt es in den meisten anderen EU-Staaten keinen Widerstand gegen das Abkommen. Die EU-Mitgliedsländer versprechen sich von dem Pakt, der Zölle und andere Handelshemmnisse abbaut, mehr Wirtschaftswachstum.

rtr