"Die Gefahr einer harten Landung ist gering", versuchte dessen Sprecher Sheng Laiyun Sorgen vor einem Abschwung der nach den USA zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt zu zerstreuen. "Chinas Wachstumsziel bleibt erreichbar." Die Regierung strebt 2015 ein Plus von sieben Prozent an. Bereits 2014 hatte es nur noch zu 7,4 Prozent gereicht - viel für europäische Verhältnisse, in China aber der kleinste Zuwachs seit einem Vierteljahrhundert.
"Die gesamtwirtschaftliche Lage ist sehr schwach", sagte Ökonom Zhou Hao von der ANZ Bank in Shanghai. "China sieht sich hohem Abwärtsdruck ausgesetzt." Er rechnet deshalb wie die meisten seiner Kollegen damit, dass die Zentralbank ihre Geldpolitik weiter lockern wird. Sie hat seit November 2014 bereits zwei Mal den Leitzins gesenkt. Einige Experten rechnen noch in diesem Monat mit einer neuerlichen Senkung um 0,25 Punkte, womit sich Kredite verbilligen und Investitionen angeschoben werden könnten. Auch ein Konjunkturprogramm der Regierung ist nicht vom Tisch. Anfang 2009 - als das Wirtschaftswachstum wegen der weltweiten Finanzkrise mit 6,6 Prozent noch schwächer war als jetzt zu Jahresbeginn - hatte sie Dutzende Milliarden lockergemacht.
Die Industrieproduktion stieg im März unterdessen um 5,6 Prozent - das niedrigste Plus seit der globalen Finanzkrise 2008. Die Ausfuhren waren zuletzt sogar um 15 Prozent eingebrochen. Dem Exportweltmeister macht die Konjunkturflaute in vielen Ländern zu schaffen: Die Welthandelsorganisation WTO senkte gerade erst ihre Prognose für das Wachstum des internationalen Güteraustauschs in diesem Jahr von 4,0 auf 3,3 Prozent. "Klar ist, dass die exportstarke chinesische Industrie unter der trägen Entwicklung des Welthandels besonders stark leidet", erklärte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. Auch die Umsätze im Einzelhandel und die Investitionen fielen schwächer aus als erwartet.
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DEUTSCHE UNTERNEHMEN SPÜREN CHINAS SCHWÄCHE
Für die deutsche Wirtschaft ist die schwächelnde Konjunktur in der Volksrepublik eine schlechte Nachricht. Sie verkaufte 2014 Waren um Wert von fast 75 Milliarden Euro dorthin - nur in Frankreich, den USA und in Großbritannien wurde mehr umgesetzt. Volkswagen etwa spürt bereits den Gegenwind: Der Absatz der Kernmarke VW stagnierte im ersten Quartal auf dem wichtigsten Einzelmarkt China.
Aber auch die Regierung in Peking beobachtet die Entwicklung mit Argusaugen. Sie befürchtet Unruhen bei einem Anstieg der Arbeitslosigkeit. "Sinkt das Wachstum konstant unter sieben Prozent, dürfte die Arbeitslosigkeit zum Problem werden", erwartet Analyst Nie Wen vom Finanzhaus Hwabao Trust in Shanghai. Derzeit liegt die Arbeitslosenquote offiziellen Angaben nach bei 5,1 Prozent.
Viele Experten halten die Sorgen vor einem Konjunkturabsturz für übertrieben. "Die chinesische Wirtschaft befindet sich inmitten eines Transformationsprozesses", so VP-Ökonom Gitzek. "Im Mittelpunkt stehen nicht mehr rekordhohe Wachstumsraten, sondern die Qualität des Wachstums. Niedrigere Wachstumsraten gehören jetzt zur 'neuen Normalität'".
Auch Anleger gaben sich gelassen: In Shanghai büßte der Aktienindex zunächst mehr als ein Prozent ein, bevor er im Handelsverlauf einen Großteil der Verluste wieder wettmachte. Der Aktienmarkt in Hongkong hielt sich sogar leicht im Plus.
Reuters