Die Niedrigzinsen fressen sich tief in die Bilanz der CommeCommerzbank, und die Kreditnachfrage im Kerngeschäft mit dem Mittelstand schwächelt. Der neue Vorstandschef Martin Zielke hatte schon im Mai gewarnt, dass es schwierig werde, das Vorjahresergebnis von mehr als einer Milliarde Euro zu wiederholen. Er steht nun unter Druck, die Kosten zu senken. Immer mehr zum Problem wird die dünner werdende Kapitaldecke.

Dennoch will Zielke an der veranschlagten Dividende von 20 Cent je Aktie nicht rühren. Börsianer reagierten trotzdem verschnupft. Die Commerzbank-Aktie stürzte um sechs Prozent ab auf 5,47 Euro und war damit größter Dax-Verlierer. Fondsmanager Helmut Hipper von Union Investment zeigt sich ernüchtert. "Nachdem die Commerzbank zuletzt mit eher positiven Zahlen aufwarten konnte, ist die Gewinnwarnung eine klare Enttäuschung. Was bleibt, ist die Hoffnung, dass der neue Vorstandschef Zielke einen überzeugenden Business-Plan vorlegt."

Zuletzt hatten Finanztitel auf breiter Front verloren. Grund sind Ängste vor einer neuen Bankenkrise in Europa, weil vor allem italienische Institute noch einen Berg fauler Kredite von 360 Milliarden Euro vor sich her schieben. Dort ist inzwischen eine Debatte über ein neues Rettungspaket entbrannt. In welcher Verfassung die Banken auf dem Kontinent sind, dürfte sich am Freitag zeigen. Dann werden die Ergebnisse des diesjährigen europaweiten Stresstests veröffentlicht.

Das machte die Händler am Dienstag auch mit Blick auf die Commerzbank nervös: Denn deren Kapitaldecke ist überraschend geschrumpft. Ende Juni kam die Commerzbank überraschend nur noch auf eine harte Kernkapitalquote von 11,5 Prozent. Drei Monate vorher waren es noch 12,0 Prozent. Die Europäische Zentralbank als Oberaufseherin will bei der Commerzbank bis 2019 eine Quote von 11,75 Prozent sehen. Bisher galt in Deutschland vor allem die Deutsche Bank als schwach kapitalisiert.

Offenbar bewertete die Commerzbank ihre Bilanzrisiken (RWA) zu lax - das lassen die Regulierer nicht mehr gelten. Höhere Risikoaufschläge für italienische Staatsanleihen hinterließen ebenfalls Spuren. Das Engagement ist gewaltig: Ende März war die Commerzbank mit elf Milliarden Euro in Italien investiert. Alle deutschen Banken zusammen haben in dem südeuropäischen Land fast 26 Milliarden Euro im Feuer, einschließlich Anleihen an Kommunen und öffentliche Haushalte.

NIEDRIGE ERWARTUNGEN



Ob Zielke von den noch von seinem Vorgänger Martin Blessing ausgegebenen Gewinnerwartungen endgültig abrückt, wird die Bank wohl erst am kommenden Dienstag sagen. Eine Sprecherin verwies auf den 2. August, an dem der vollständige Quartalsbericht veröffentlicht wird. Nach sechs Monaten steht nur ein Überschuss von 372 Millionen Euro zu Buche - gut 40 Prozent weniger als vor einem Jahr. 2015 hatte die Commerzbank am Ende 1,06 Milliarden Euro verdient und die Anleger erstmals seit Jahren wieder mit einer Dividende von 20 Cent je Aktie beglückt. Analysten trauen ihr in diesem Jahr schon jetzt im Schnitt nur einen Gewinn von 882 Millionen Euro zu.

Damit stellt die Commerzbank zwar die Deutsche Bank in den Schatten, die wegen ihrer Aufräumarbeiten in diesem Jahr einen Verlust nicht ausschließt und Ausschüttungen bis auf Weiteres gestrichen hat. Aber auch für die noch immer teilverstaatlichte Commerzbank, die weniger abhängig vom Kapitalmarktgeschäft ist als die große Rivalin, wird der Gegenwind stärker.

Vor allem in der Mittelstandsbank - in den vergangenen Jahren der verlässlichste Gewinnbringer im Konzern - und in der abgespeckten Investmentbank machen die Experten Abstriche. Dort werden auch die größten Einschnitte erwartet, wenn Zielke im Herbst seine Pläne für die nächsten Jahr vorstellt. Denn die Firmenkunden rufen angesichts der Geldschwemme der EZB und der anhaltenden Niedrigzinsen zu wenig Kredite ab. Wacker schlägt sich die Commerzbank im Privatkundengeschäft. Doch auch beim Online-Broker Comdirect schwächelt das Geschäft. Nur ein Sondererlös durch den Verkauf des Kreditkarten-Dienstleisters Visa Europe rettete der Commerzbank-Tochter das Quartal. Zwar war die Volatilität an den Märkten hoch. Aber der zwischenzeitliche Kursrutsch an den Börsen drückte die Erfolgsprovisionen für Fonds. rtr