Die Führungskrise beim Medienkonzern ProSiebenSat.1 hat einen neuen Höhepunkt erreicht: Der langjährige Vizechef Conrad Albert hat öffentlich mit Vorstandschef Max Conze gebrochen und wird zum 30. April aus dem Unternehmen ausscheiden. Conze führt den MDAX-Konzern seit Juni 2018 und hat mittlerweile die ganze Führungsriege ausgetauscht. Der Wirbel kommt zur Unzeit: Der Konzern steckt im Umbau, die Werbeerlöse sinken, und die Folgen der Corona-Krise werden wohl die Ziele für 2020 verhageln.

Kretinsky nutzt Kursverfall


Jetzt verschärft sich auch noch der Übernahmekampf um den das Medienunternehmen, befeuert vom Corona-Börsencrash. Der tschechische Milliardär Daniel Kretinsky nutzte den starken Kursverfall der ProSiebenSat.1-Aktie, um seine Beteiligung von fünf auf zehn Prozent auszubauen. Er setzt auf steigende Kurse im Fall einer Fusion oder Übernahme. Allein am Donnerstag hatte die Aktie über 18 Prozent verloren. Schon seit längerem hatten sich mehrere Investoren im Aktionärskreis positioniert, allen voran der italienische Medienkonzern Mediaset des früheren Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, der mittlerweile 15 Prozent an ProSiebenSat.1 hält und dem Fusionsabsichten nachgesagt werden. Den Finger gehoben hat auch der Medienriese Bertelsmann (mit der Senderkette RTL), der mit Blick auf einen deutschen Schulterschluss auf ein Einlenken der Kartellbehörden setzt. Mit von der Partie ist ebenfalls der in Medien-Engagements erfahrene US-Finanzinvestor Capital Group mit zehn Prozent.

ProSiebenSat.1 hatte jüngst wiederholt bekräftigt, man freue sich über die Italiener als strategischen Ankerinvestor. Mediaset wiederum erklärte unmittelbar nach dem Albert-Interview, man prüfe die Strategie von ProSiebenSat.1 und werde dann entscheiden, ob man den 15-Prozent-Anteil halte, verkaufe oder ausbaue.

Mediaset-Finanzchef Marco Giordani ergänzte, man erwarte für nächsten Monat eine überarbeitete Strategie des Münchner Unternehmens und wolle sich dann entscheiden. Eine Konsolidierung der TV-Branche in Europa, so ergänzte er, sei derzeit wichtiger als noch vor neun Monaten.

Tiefe Einblicke gewährte auch ein Interview mit dem als besonnen geltenden bisherigen Vizechef Albert mit der "Süddeutschen Zeitung". Albert rechnete dabei auch mit Conze ab und machte öffentlich, dass er nicht mehr für eine Vertragsverlängerung über den 30. April 2021 hinaus zur Verfügung stehe. Die Situation im Unternehmen mache es ihm immer schwieriger, ProSiebenSat.1 auch in unruhigen Zeiten zusammenzuhalten. Es dürfe nicht der Eindruck einer "Seifenoper" im Vorstand haften bleiben. Tatsächlich ist der Aktienkurs seit dem Antritt Conzes vor knapp zwei Jahren um 60 Prozent eingebrochen und notiert mittlerweile auf Zehnjahrestief. Conze wiederum versucht, den Medienkonzern von schrumpfenden TV-Werbeeinnahmen unabhängiger zu machen.