Bluten muss die Bank aber auch wegen des Ukraine-Krieges, dem Wertverlust einer Beteiligung und Bremsspuren im Tagesgeschäft. Insgesamt summieren sich diese Belastungen auf rund 1,25 Milliarden Franken (1,2 Milliarden Euro). Wie hoch der Verlust ist, will die Credit Suisse erst bei der Zahlenvorlage am kommenden Mittwoch mitteilen. Der Druck auf Konzernchef Thomas Gottstein dürfte mit den erneuten Hiobsbotschaften weiter zunehmen. "Was uns befremdet ist, dass CEO Thomas Gottstein Mitte März an einer Anlegerkonferenz noch von einem soliden Geschäftsverlauf in den ersten beiden Monaten gesprochen hatte", sagte Daniel Bosshard von der Luzerner Kantonalbank.
Für Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit bereits bekannten Fällen legte Credit Suisse weitere rund 600 Millionen Franken beiseite, wie die Bank mitteilte. Dies werde im ersten Quartal zu einer Gesamtrückstellung für Rechtsstreitigkeiten von rund 700 Millionen Franken führen. Dazu kommen weitere Belastungen. Die Auswirkungen des Angriffs Russlands auf die Ukraine auf Kunden und Geschäftspartner kosteten Credit Suisse rund 200 Millionen Franken. Die Wertminderung des 8,6-Prozent-Anteils an der Fondsvertriebsplattform Allfunds schlage zudem mit rund 350 Millionen Franken zu Buche. Credit Suisse hatte ihre Tochter InvestLab 2019 in Allfunds eingebracht und sich im Gegenzug an der Gesellschaft beteiligt. Und schließlich setzten auch der Rückgang bei Börsengängen und anderen Transaktionen am Kapitalmarkt sowie eine allgemein geringere Aktivität dem Geschäft zu.
Die Auflösung von Rückstellungen im Zusammenhang mit dem kollabierten Hedgefonds Archegos dürfte das Ergebnis der Bank dagegen um 170 Millionen Franken aufbessern. Dazu kämen Immobiliengewinne in Höhe von rund 160 Millionen Franken. Werden diese außerordentlichen Gewinne und die Verluste gegeneinander aufgerechnet, steht eine Belastung von rund 0,9 Milliarden Franken zu Buche, deutlich mehr, als Analysten erwartet hatten. "Ein weiterer Quartalsverlust ist eine klare Enttäuschung", sagte Andreas Venditti von der Bank Vontobel. Die Aktien gaben zwei Prozent nach.
WAS MACHT DER NEUE PRÄSIDENT?
Seit Jahren befindet sich die Credit Suisse im Umbau, doch eine Reihe von Fehlschlägen und Affären haben das Institut zum Sorgenkind Nummer eins der europäischen Bankbranche gemacht. So kostete der Zusammenbruch von Archegos die Bank fünf Milliarden Franken. Dazu kamen die Notabwicklung von zusammen mit Greensill geführten Fonds, eine Reihe von Rechtsfällen und Untersuchungen der Aufsichtsbehörden. Unter dem Strich verbuchte die Bank 2021 einen Verlust von 1,6 Milliarden Franken. Mit ISS und Glass Lewis empfehlen die zwei einflussreichen Stimmrechtsberater den Aktionären, auf der Generalversammlung am 29. April dem Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung die Entlastung für das Geschäftsjahr 2020 zu verweigern.
Auch im neuen Jahr kämpft die Bank mit Gegenwind. Im März sprach ein Gericht auf Bermuda dem ehemaligen georgischen Ministerpräsidenten Bidzina Iwanischwili und seiner Familie Schadenersatz in Höhe von "deutlich über 500 Millionen Dollar" zu. Iwanischwili habe wegen langjährigen Betrugs durch einen ehemaligen Kundenberater der Credit Suisse darauf Anspruch. Dazu kommen die Auswirkungen des Ukraine-Krieges. Dennoch hatte sich Gottstein auf Mitte März auf einer Morgan-Stanley-Konferenz vergleichsweise zuversichtlich geäußert:"Was das erste Quartal betrifft, so waren die ersten zwei Monate relativ solide."
Gottstein wurde 2020 eilig auf den Schild gehoben, nachdem sein Vorgänger Tidjane Thiam über einen Beschattungsskandal gestolpert war. Nachdem er einen guten Start hingelegt hatte, musste er 2021 für die Fehlschläge dann aber viel Kritik einstecken. In einem Machtkampf mit dem Verwaltungsratspräsidenten Antonio Horta-Osorio, dem schließlich Quarantäne-Brüche zum Verhängnis wurden, konnten sich Gottstein und andere Manager im Januar durchsetzen. Doch angesichts der enttäuschenden Ergebnisse kann der frühere Spitzengolfer nicht aufatmen. Bei seinem Amtsantritt Mitte Januar hatte sich der neue Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann hinter Gottsein gestellt.Read full story Seitdem hat sich der frühere UBS-Manager Lehmann öffentlich nicht mehr geäußert.
rtr