Noch rund 270 Zähler fehlen dem deutschen Leitindex, um erstmals in seiner Geschichte in den Club der Fünfstelligen aufzurücken, in dem sich Indizes wie der amerikanische Dow-Jones-Index, der japanische Nikkei-Index oder die Mailänder Börse tummeln. Verkäufer gebe es derzeit kaum, sagt Jens Klatt, Analyst beim Brokerhaus FXCM. "Das Ziel 10.000 Punkte ist einfach zu verlockend."

Auch sein Kollege Jörg Rahn von Marcard, Stein & Co ist überzeugt: "Spätestens wenn die deutsche Berichtssaison in Fahrt kommt, könnten die 10.000 Punkte fallen." Die steigenden Auftragseingänge der deutschen Industrie deuteten daraufhin, dass das vierte Quartal nicht allzu schlecht gelaufen sein dürfte, prognostiziert der Experte. Der Konjunkturoptimismus vieler Investoren sollte damit neue Nahrung erhalten und der Dax folglich weiter in die Höhe klettern.

Am Mittwoch hatte der Leitindex, in dem die 30 größten deutschen börsennotierten Unternehmen enthalten sind, mit 9747,40 Zählern ein Rekordhoch markiert. Nach einem recht schleppenden Jahresauftakt kommt der deutsche Aktienmarkt nach gut zwei Wochen auf ein Plus von fast zwei Prozent.

ANLEGER HOFFEN AUF WACHSTUMSSCHUB FÜR WELTWIRTSCHAFT

Für Zuversicht hatten zuletzt vor allem positive Konjunktur- und Unternehmensdaten aus den USA gesorgt - nach Einschätzung der Notenbank Fed ist die US-Wirtschaft auch zum Jahresende leicht gewachsen. Zudem hat die Weltbank ihre Wachstumsprognose für 2014 auf 3,2 von drei Prozent nach oben geschraubt, bessere Aussichten bescheinigt das Institut sowohl Industrie- wie auch Entwicklungsländern. Für die stark exportabhängige deutsche Wirtschaft sei das ein gutes Zeichen, erklärt ein Börsianer.

Wie weggeblasen scheint inzwischen auch die Furcht vor den Auswirkungen einer strafferen US-Geldpolitik. "Dass die Notenbank ihre milliardenschweren Anleihenkäufe schrittweise zurückfährt, schreckt keinen mehr", sagt Rahn. Der Übergang von einer liquiditätsgetriebenen zu einer von Unternehmensgewinnen gestützten Hausse erscheine vielen Anlegern nun möglich, ergänzt Klatt von FXCM. Die Fed will ihre Krisenmedizin bis Jahresende absetzen - seit Januar hat sie die monatliche Dosis bereits um zehn Milliarden auf 75 Milliarden Dollar zurückgefahren. Die Diskussionen über eine straffere Geldpolitik hatten im Frühjahr 2013 zeitweise für deutliche Kursrücksetzer gesorgt. Auf Jahressicht kam der Dax dennoch auf ein Plus von 26 Prozent.

STÄRKERER RÜCKGANG IM ZWEITEN HALBJAHR MÖGLICH

Dass der Leitindex in diesem Jahr nahtlos an seine jüngste Rally anknüpfen kann, wird von einigen Experten allerdings bezweifelt. "Nur weil der Dax über 10.000 Punkte steigt, heißt das nicht, dass er da bleibt", sagt Commerzbank-Stratege Andreas Hürkamp. Eine Korrektur sei vor allem im zweiten Halbjahr denkbar. Sollte die US-Wirtschaft gut laufen, könnten im dritten Quartal Spekulationen auf eine baldige Zinserhöhung in den USA den Markt nach unten drücken, meint der Analyst. Bislang gehen die Investoren davon aus, dass die Notenbanker die Konjunktur noch lange mit ultra-niedrigen Zinsen stützen werden. Beobachter rechnen mit einer Zinswende frühestens im Spätsommer 2015. Doch ein Börsianer warnt: "Sollte die Fed ihre Meinung ändern, könnte das einige Anleger böse überraschen."