Spekulationen auf eine aggressivere geldpolitische Straffung der US-Notenbank trübten die Stimmung an der Wall Street vorbörslich und sorgten für einen Ausverkauf bei Staatsanleihen. Frankreichs Börsen zittern vor der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen am Sonntag.

Angesichts des anhaltenden Krieges in der Ukraine steige das Risiko eines bislang von der EU vermiedenen Öl- und Gasembargos von Tag zu Tag und damit die Inflations- und Konjunkturrisiken für Europa, kommentierten die Analysten der Commerzbank. Russland selbst rückt einer Staatspleite näher: Erstmals wurden am Mittwoch Zahlungen für zwei Fremdwährungsanleihen nicht in Dollar, sondern in Rubel geleistet.

Die USA und ihre Verbündeten wollen die Daumenschrauben für die russische Wirtschaft weiter anziehen. Ein mit den G7-Staaten und der EU abgestimmtes Paket sollte am Mittwoch vorgestellt werden. "So viel steht fest: Mit jedem Eingriff nimmt das Risiko einer Rezession in Deutschland zu", sagte Konstantin Oldenburger, Marktanalyst vom Handelshaus CMC Markets. Die Industrieaufträge brachen im Februar hierzulande bereits stärker weg als erwartet.

ZINSSORGEN NEHMEN VOR FED-PROTOKOLLEN ZU


Die ohnehin schon stark gestiegene Teuerung steht ebenso im Fokus der Investoren. "Der Markt will weitere Indikationen dafür bekommen, wie aggressiv die US-Notenbank in Sachen Zinsen und Bilanz in den kommenden Monaten vorgehen will", sagte Analyst Oldenburger. Dazu stehen am Abend die Protokolle der jüngsten Fed-Sitzung an. Anleger trennten sich vermehrt von US-Anleihen, nachdem Fed-Direktorin Lael Brainard Spekulationen auf noch deutlichere Straffungen der Geldpolitik geschürt hatte. Die Rendite der zehnjährigen US-Bonds kletterte auf 2,659 Prozent und notierte auf einem Drei-Jahres-Hoch. Der Dollar-Index, der die Weltleitwährung zu anderen wichtigen Devisen misst, stieg in der Spitze um 0,3 Prozent.

Dem Euro machte auch die Nervosität im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen in Frankreich zu schaffen. Die Gemeinschaftswährung tauchte um 0,3 Prozent auf 1,0873 Dollar ab. Die Furcht vor einem Wahlsieg der rechtsextremen Marine Le Pen gegen Amtsinhaber Emmanuel Macron drückte die Kurse von Aktien und Anleihen. Der Pariser Leitindex verlor zwei Prozent, die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihen stieg auf 1,194 Prozent und stand so hoch wie seit 2015 nicht mehr. "Aus Sicht der Märkte würde eine zweite Amtszeit Macrons wahrscheinlich als Stabilität und Kontinuität gewertet und als das günstigste Ergebnis angesehen werden. Im Gegensatz dazu würde ein Sieg von Le Pen angesichts ihrer euroskeptischen Haltung wahrscheinlich sehr negativ vom Markt aufgenommen werden", schrieben die Analysten vom Finanzhaus RBC. Die erste Wahlrunde steht am Sonntag an, Stichwahl wäre am 24. April.

ERNEUERBARE ENERGIE IM AUFWIND


Gegen den Markttrend griffen Investoren bei Aktien aus dem Sektor erneuerbare Energien zu. Nordex und SMA Solar stiegen um bis zu 1,4 Prozent. Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) will Regierungskreisen zufolge ein umfangsreiches Maßnahmenbündel zum Ausbau erneuerbarer Energien ins Kabinett einbringen.

Aktien von Vestas fielen in Kopenhagen hingegen um mehr als zwei Prozent. Der Windkraft-Anlagenbauer will sich aus Russland zurückziehen, wo er zwei Fabriken betreibt. Die Leistung seiner in Russland installierten Anlagen liegen den Angaben zufolge bei rund einem Gigawatt.

rtr