"Themen wie hohe Energiekosten und Tapering-Sorgen sind zwar noch nicht vom Tisch, aber der Anlagedruck überwiegt", sagt Bernd Meyer, Chef-Anlagestratege der Vermögensverwaltung bei der Berenberg Bank. Die bisherige Bilanzsaison mache Mut: "Bisher konnten 83 Prozent der Unternehmen des US-Index S&P 500 die Gewinnerwartungen schlagen - und das trotz Lieferengpässen, steigender Input-Kosten und Fachkräftemangel."

Außerdem lasse die Furcht vor einem geldpolitischen Kurswechsel der Fed nach, sagt Analyst Frank Wohlgemuth von der National-Bank in Essen. "Auch 'kosmetische' Korrekturen an der Geldpolitik der US-Notenbank werden wahrscheinlich die Fortsetzung der globalen Aktienhausse nicht ernsthaft gefährden."

Nach Einschätzung von Eckhard Schulte, Chef des Vermögensverwalters MainSky, sind die Zinserhöhungsängste überzogen. "Die aktuell hohe Inflation sowie der Anstieg der Energiepreise sollten sich dämpfend auf die Nachfrage auswirken und somit Zweitrundeneffekte verhindern, so dass die Notenbanken weniger restriktiv als derzeit erwartet agieren werden." In den vergangenen Tagen bröckelte der Dax unter dem Strich um ein halbes Prozent ab.

BILANZSAISON LÄUFT AUF VOLLEN TOUREN


In der neuen Woche rollt eine Flut von Firmenbilanzen auf die Anleger zu. Allein aus dem Dax legen ein halbes Dutzend Unternehmen Zahlen vor - unter anderem Deutsche Bank und der Autobauer Daimler. Experten erwarteten bei europäischen Werten zwar deutliche Gewinnsteigerungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, sagt Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank. "Allerdings schätzen sie, dass die Profite circa zehn Prozent niedriger ausgefallen sein könnten als im zweiten Quartal." Vor allem bei Finanz- und Automobilwerten müsse mit einer Wachstumsdelle gerechnet werden. "Verantwortlich dürften die nachlassende Konjunkturdynamik, weltweite Lieferengpässe, Produktionsstopps sowie hohe Rohstoff- und Energiepreise sein."

EZB BERÄT ÜBER GELDPOLITIK - IFO-INDEX IM BLICK


Parallel dazu berät die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag über ihre Geldpolitik. Börsianer werden zwar alle Aussagen der Chefin Christine Lagarde zu Konjunktur- und Inflationsaussichten auf die Goldwaage legen. Im Gegensatz zur US-Notenbank Fed oder Bank von England (BoE) erwarten sie auf vorerst aber keine Straffung der Geldpolitik.

Über die Zukunft des Corona-Notfallprogramms PEPP, mit dem die EZB die heimische Konjunktur stützt, wird voraussichtlich erst im Dezember entschieden. EZB-Chefvolkswirt Philip Lane hatte vor etwa zwei Wochen die Einschätzung bekräftigt, dass der aktuelle Preisdruck vorübergehend sei und es keinen Handlungsdruck gebe.

Bei den Konjunkturdaten richtet sich die Aufmerksamkeit der Anleger auf die Zahlen zum US-Bruttoinlandsprodukt am Mittwoch. "Produktionsengpässe und die stärkere Verbreitung der Delta-Variante des Coronavirus haben das Wirtschaftswachstum im dritten Quartal deutlich gebremst", prognostiziert Commerzbank-Volkswirt Christoph Balz. Er rechne auf das Gesamtjahr hochgerechnet nur noch mit einem Plus von 1,5 Prozent. Im Vorquartal war es mehr als vier Mal so hoch.

"Im Euroraum dürfte die Wirtschaft im Quartalsdurchschnitt zwar noch einmal kräftig zugelegt haben, aber auch hier hat die Dynamik zuletzt spürbar abgenommen", fügt Balz hinzu. Experten erwarten bei den am Freitag zur Veröffentlichung anstehenden Zahlen im Jahresvergleich durchschnittlich einen Zuwachs von 3,5 Prozent, nach 14,3 Prozent im Vorquartal. Am Montag eröffnet der Ifo-Index, der die Stimmung in den deutschen Chef-Etagen widerspiegelt, den heimischen Zahlenreigen. Hier sagen Analysten für Oktober einen leichten Rückgang voraus.

rtr