Natürlich kann man heute - genau wie übrigens an jedem beliebigen Tag und in jeder denkbaren Börsenphase immer gute Gründe dafür finden, warum die Kurse steigen oder fallen. Besonders groß ist die Skepsis in den Medien deshalb, weil sich die Wirtschaft global eintrübt, z.B. gemessen an den Umfragen der Einkaufsmanager, die als vorlaufender Indikator gelten. Kein Wunder also, dass sich viele Journalisten und Anleger erstaunt die Augen reiben und fragen, wie die sich abschwächende Wirtschaft zum steilen Anstieg seit dem Jahreswechsel passt.

Dabei übersehen sowohl Journalisten als auch Anleger immer wieder, dass es an der Börse keine Gewissheit, sondern nur Wahrscheinlichkeiten gibt. Mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit von etwa 80 % sind Rezessionsjahre gute Börsenjahre. Ganz einfach deshalb, weil die Börse den konjunkturellen Zustand mit einem zeitlichen Vorlauf von etwa 6-8 Monaten reflektiert.

Deshalb spiegelt sich jetzt in den freundlichen Kursen bereits die Hoffnung auf geldpolitische Lockerungen, staatliche Konjunkturprogramme und erneut ansteigende Firmengewinne im Jahresverlauf.

Davon aber einmal abgesehen, ist es für uns Anleger viel wichtiger, sich ein genaues Bild über den jetzigen Börsenzustand zu machen und zu untersuchen, ob das Angebot oder die Nachfrage im Vorteil ist. Nur wer überhaupt in der Lage ist, den heutigen Marktzustand systematisch einzuordnen ist im Stande, eine Prognose zu wagen. Denn bekanntlich halten die meisten Trends länger an als die meisten Anleger vermuten.

Entsprechend dem Zustand des inneren Marktes und der Verfassung der wichtigsten Sektoren erkennen wir rasch, dass der Markt extrem stark ist und wir Anleger eindeutig im Vorteil sind. Obwohl die Märkte kurzfristig sehr stark überhitzt sind gehe ich davon aus, dass nach einer gewissen Konsolidierung die Kurse noch ein gutes Stück nach oben klettern werden. Wahrscheinlich weiter und dynamischer, als die Masse der Anleger heute vermutet.

Innerer Markt kurzfristig stark überhitzt



Mittlerweile zählt es fast zum Allgemeinwissen, dass die globalen Märkte ungewöhnlich stark oder sogar exzessiv überhitzt sind. Die Gretchenfrage ist jedoch, ob und wie man den Grad der Überhitzung überhaupt messen kann? Schließlich benötigt man dafür ein objektives System von Indikatoren für die verschiedenen zeitlichen Ebenen. Eine wirklich funktionierende Antwort für dieses Problem liefert das System des " Inneren Marktes". Dieses misst und visualisiert systematisch, wie viele Index-Mitglieder vom Angebot gelenkt werden und vor allem, ob und wie sich die Relationen verändern. Ob zum Beispiel die Seite des Angebots oder die der Nachfrage stärker wird. Im Endeffekt erkennen Sie, ob jetzt die offensive oder die defensive Mannschaft aufs Feld gehört. Denn wie die meisten Mannschaftsportler wissen, kann man ein Fußballspiel nur mit einer funktionierenden Abwehr und umgekehrt gezielten Angriffen auf das gegnerische Tor gewinnen.

Die folgende Grafik zeigt Ihnen den kurzfristig wichtigen 50- Tage- Indikator. Dieser zeigt die Relation (in Prozentwerten) derjenigen an der New Yorker NYSE enthaltenen Aktien, die oberhalb ihrer wichtigen 50- Tage- Linie handeln und insofern von der Nachfrage gelenkt werden.

Derzeit hält sich der Indikator in der oberen extremen Zone auf. Hier ist der Marktzustand tendenziell überhitzt und Konsolidierungen oder Seitwärtsbewegungen sind wahrscheinlich. Umgekehrt finden Sie die guten Kaufgelegenheiten eher in der unteren Zone, unterhalb von 30 %.



Sehr gut zeigt der Chart die emotionale Achterbahnfahrt der Anleger in den vergangenen beiden Monaten.

Binnen weniger Wochen ist der kurzfristige Risikoindikator aus dem unteren extrem überverkauften Zustand, der sich unterhalb von 20 % befindet, in die exzessiv überhitzte Zone gerast, die oberhalb von 80 % liegt. In den vergangenen Tagen hat sich allerdings zunächst eine kurzfristig negative 0- Achse und ein Verkaufssignal gebildet. Eine negative 0-Achse entsteht übrigens, wenn mehr als 6 % der im Index enthaltenen Aktien ihre 50-Tage-Linie verlieren und insofern vom Angebot gelenkt werden. Falls eine negative 0- Achse unterhalb das Niveau der vorhergehenden 0- Achse wandert, spricht man von einem Verkaufssignal. Aus irgendwelchen Gründen ist dann der heutige Druck der Verkäufer größer als in der Vergangenheit auf diesem Niveau und eine Konsolidierung nimmt ihren Lauf. Bisher ist jedoch noch nicht viel angebrannt im Kontext dieser Analysetechnik. Ein Verkaufssignal würde erst entstehen, falls die aktuelle 0 -Achse von oben kommend die kritische Marke von 70 % unterschreiten würde. Erst dann sollten kurz bis mittelfristig orientierte Anleger Positionen auflösen und sich absichern.

Wie gesagt, noch wurde kein Verkaufssignal gebildet, der Markt bleibt vorerst sehr stark. Trotzdem ist jetzt entweder eine Konsolidierungsphase der US -Aktien oder wenigstens eine Seitwärtsphase sehr wahrscheinlich, um den Indikator wieder etwas nach unten zu schleusen. Dies wäre übrigens kein Beinbruch, sondern vollkommen normal und sogar wünschenswert, um eine noch stärkere Überhitzung mit entsprechenden fast zwangsläufig in Rückschlägen zu verhindern.

Langfristig ist die technische Perspektive aber nach wie vor hervorragend, wie z.B. der übergeordnet relevante NYSE Bullish Percent Indikator zeigt, der meiner Meinung nach der wichtigste Risikoindikator überhaupt ist. Dieser ist noch keinesfalls überhitzt und zeigt die Stärke des weltweit führenden US -Aktienmarktes.

Der DAX bleibt nach wie vor robust



bisher zeigt sich der deutsche Aktienindex wenig beeindruckt vom giftigen Cocktail aus relativ ungünstigen wirtschaftlichen Nachrichten und verschiedenen politischen Risiken. Der folgende gelassene P & F Chart des DAX, der die unwichtigen Nebengeräusche herausfiltert, befindet sich nach wie vor in einer positiven X-Achse.



Gut sehen Sie das von den Marktteilnehmern als übertrieben eingeschätzte und abgelehnte lokale Tief bei etwa 10.300 Punkten. Rasch bildete sich ein positiver Trend, der auch durch die aufsteigende Unterstützungsgerade verdeutlicht wird. Ein wichtiger Befreiungsschlag für den DAX war die Überwindung der Widerstände bei etwa 11.350 und 11.500. Dies hatten die Pessimisten und die meisten Beobachter den deutschen Index nicht zugetraut. Deswegen sind viele private und institutionelle Manager nach wie vor unterinvestiert und warten auf eine günstige Gelegenheit, ihre Bestände aufzustocken. Genau aus diesem Grund gehe ich davon aus, dass die jetzt anstehende Konsolidierung vor allem seitwärts gerichtet sein wird.

Ein kurzfristiges Verkaufssignal der P & F Technik wird sich erst bei 11.450 Punkten bilden. Eine gute Unterstützung befindet sich bereits wieder bei 11.350. Trotz der jetzt wieder nachlassenden Dynamik gehe ich davon aus, dass der DAX sein wichtiges Etappenziel bei etwa 12.300 bereits im Sommer erreichen wird.

Falls Sie sich für die Philosophie der P & F Charts und des inneren Marktes interessieren, beachten Sie bitte auch meinen informativen und wöchentlich erscheinenden Newsletter.
Viel Erfolg mit Ihren Investitionen und einen angenehmen Tag wünscht Ihnen
Ihr Klaus Buhl

Klaus Buhl, Geschäftsführer der Libra Invest GmbH (www.libra-invest.de), bekennender Anhänger von Point and Figure Charts und der Philosophie des "inneren Marktes".