Chart 1 - DAX im Stunden-Chart
Was wir aktuell beim Deutschen Aktienindex sehen, ist eine Bärenmarktrally. Diese kommt dann zustande, wenn Spekulanten, die auf fallende Kurse gesetzt haben, Gewinne realisieren. Dazu müssen sie Eindeckungskäufe tätigen, also Aktien kaufen, die sie zuvor verkauft haben. Für weniger erfahrene Anleger sind diese Leerverkäufe oft schwer zu begreifen - es ist jedoch sehr wichtig diesen Aspekt des Marktes zu verstehen, um sich bewusst zu machen, was momentan mit dem DAX passiert: Es ist möglich Aktien zu verkaufen, die man nicht besitzt, indem man sich diese leiht und sofort an der Börse veräußert. Das ist in der vergangenen Woche geschehen.
Sobald diese Wertpapiere im Kurs gefallen sind, kauft man die Aktien an der Börse billiger zurück und gibt sie dem Entleiher - beispielsweise ein Fonds oder eine Bank - zurück. Dies passiert gerade. Die Differenz zwischen dem höheren anfänglichen Verkaufspreis und dem niedrigeren späteren Rückkaufpreis der Aktie ist der Gewinn. Durch diese Rückkäufe, also realisierte Profite, kommt es kurzfristig zu einem Anstieg der Kurse. Dies ist jedoch keinesfalls mit einer real steigenden Nachfrage und einem neuen Aufwärtstrend zu verwechseln, sondern eben nur eine einfache so genannte "technische Korrektur" oder kleine Gegenbewegung nach oben, als Reaktion auf die zuvor erfolgte starke Abwärtsbewegung.
Wer diese Zusammenhänge kennt, lässt sich so schnell nicht mehr täuschen und lernt eine Bärenmarktrally von einem neuen nachhaltigen Trend nach oben zu unterscheiden. Dafür gibt es aber auch kein Patentrezept: Entscheidend ist die Summe einzelner Indizien, beispielsweise sollte ein neuer Aufwärtstrend auch von steigenden Umsätzen begleitet werden, also von der Mehrheit der Marktteilnehmer unterstützt werden. Dies ist aktuell nicht der Fall, die Umsätze zu Wochenbeginn waren bestenfalls Durchschnitt.
Dann müssen entscheidende Chartmarken zurück erobert werden, doch vorerst scheiterte der DAX an der Zone um 11.619/11.675, an der zuvor schon mehrere Wendepunkte lagen. Erst ein Anstieg über mindestens 12.079 Zähler würde zeigen, dass die Nachfrage wieder stärker ist als das Angebot. An diesem Bereich bissen sich die Bullen schon seit Mitte April wieder die Zähne aus, und so schnell ist nun auch nicht mit einer Rückeroberung zu rechnen. Wahrscheinlicher ist ein Ende, wie es viele Bärenmarktrallys finden: Irgendwann sind alle Eindeckungskäufe vollzogen, dann bleibt die Nachfrage wieder weg und der nächste Abwärtsimpuls folgt.
Luft nach unten haben die Kurse noch genug, bis mindestens 11.200 Zählern - gemessen nach der in der gestrigen Analyse beschriebenen Methode der Abstände zum Monatsdurchschnittskurs. Bei 11.000 und 10.600 Zählern sind dann wieder Areale mit mehreren Wendepunkten im Chart erkennbar, die sich bei einer mittelfristig drohenden Fortsetzung der Verluste als nächstes Orientierungskursziel empfehlen (siehe Kerzenchart auf Seite 4).
Chart 2 - Tageschart mit Abstand zur 21-Tage-Linie
Der Tageschart liefert einen länger zurück reichenden Blick auf den Kursverlauf des Deutschen Aktienindex. Hier werden Kursmarken erkennbar, an denen es in den vergangenen Monaten und Jahren zu mehreren Wendepunkten gekommen ist (mittelfristige Unterstützungen und Widerstände). Sie sind oft stärker als die nur vorüber gehend wirksamen Chartniveaus im Fünf-Minuten- oder Ein-Stunden-Chart auf der ersten Seite der Analyse.
Wichtig ist der unter dem Kursverlauf abgebildete Indikator: Er misst den Abstand des Index zu seinem durchschnittlichen Kurs der vergangenen 21 Tage (dem Monatsdurchschnitt). Verlaufen die Kurse weit unter der 21-Tage-Linie, fällt der Indikator in die untere Extremzone. Werte, die tiefer liegen als etwa minus vier Prozent signalisieren eine erhöhte Chance auf eine Bodenbildung/Zwischenerholung. Werte über rund plus 3,8 Prozent deuten auf eine Überhitzung des Marktes hin, was die Gefahr einer Korrektur erhöht.
Chart 3 - Wochenchart mit Abstand zur 200-Tage-Linie
Für langfristig denkende Anleger ist der Wochenchart am wichtigsten. Er blendet die Tagesschwankungen des Marktes aus und zeigt die Tendenz aus einer übergeordneten Perspektive. Kommt es hier zu einem Trendwechsel oder einem Verkaufssignal, hat dies oft nachhaltige Auswirkungen.
Der Indikator im unteren Bereich des Charts zeigt den Abstand des Deutschen Aktienindex zu seinem 200-Tage-Durchschnittskurs. Diese unter Anleger wohl populärste Durchschnittslinie repräsentiert den langfristigen Trend des Index. Weicht er zu weit nach unten von ihr ab, ist er überverkauft. Ab Werten von minus 22 Prozent ist dies der Fall. Dann steigen die Chancen auf eine Bodenbildung. Entfernt sich der DAX dagegen zu sehr von der 200-Tage-Linie nach oben, was bereits ab plus 14 bis 20 Prozent zutrifft, erhöht sich das Risiko einer Korrektur, und das restliche Kurspotenzial auf der Nordseite sinkt.
Chart 4 - Kerzenchart auf Tagesbasis
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Unterstützungen und Widerstände
Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des "Index-Radar, der größte tägliche Börsenstatistik-Report Deutschlands. Andreas Büchler ist Herausgeber des Magazins und Vorstand der Qarat AG, einer auf Quantitative Analyse und Algorithmic Trading spezialisierten Forschungsgesellschaft für Börsenhandelssysteme.
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