Wegen einer ungeklärten Erkrankung eines Probanden musste der US-Konzern Johnson & Johnson (J&J) die Tests für einen Corona-Impfstoff aussetzen. Stephen Innes, Chef-Anlagestratege des Brokerhauses Axicorp, warnte aber vor überzogenem Pessimismus. Schließlich würden zahlreiche weitere Wirkstoffe entwickelt. J&J-Aktien verloren im vorbörslichen US-Geschäft 1,4 Prozent. Daran änderte auch ein Umsatz- und Gewinnplus im Quartal nichts.
Unter Verkaufsdruck gerieten zudem die Reise- und Touristikwerte, die von den allseits verschärften Corona-Beschränkungen besonders hart getroffen werden. Der europäische Branchenindex verlor 1,3 Prozent. Bankenwerte büßten im Schnitt 1,6 Prozent ein. Hier drückten die Planspiele der Bank von England (BoE) zur Einführung negativer Leitzinsen auf die Kurse, sagte Analyst David Madden vom Online-Broker CMC Markets.
Unterdessen stellen sich immer mehr Investoren auf einen klaren Sieg von Joe Biden und den Demokraten bei der anstehenden US-Präsidentschafts- und Kongresswahl ein. Das reduziere Unsicherheit, sagte Investmentmanager Jeremy Gatto vom Vermögensverwalter Unigestion. "Für Anleger geht es nicht darum ob, sondern wann wir ein Konjunkturprogramm bekommen."
LICHT UND SCHATTEN BEI KONJUNKTURDATEN
Pessimistisch beurteilten deutsche Börsenprofis die hiesigen Konjunkturaussichten. Das entsprechende Barometer des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) brach um mehr als die Hälfte ein. "Wir dürfen uns nichts vormachen, die steigende Anzahl von Neuinfektionen wird wirtschaftliche Folgen haben", warnte Thomas Gitzel, Chef-Volkswirt der VP Bank. "Dafür bedarf es nicht mal eines Lockdowns."
Parallel dazu kletterte die Arbeitslosigkeit in Großbritannien auf ein Drei-Jahres-Hoch. Da die staatlichen Kurzarbeitsregelungen ausliefen und neue Pandemie-Restriktionen verhängt würden, müsse in den kommenden Monaten mit einem weiteren deutlichen Anstieg gerechnet werden, prognostizierte Volkswirt Nye Cominetti von der Denkfabrik Resolution Foundation. Vor diesem Hintergrund verbilligte sich das Pfund Sterling auf 1,3024 Dollar und 1,1044 Euro.
Einen Lichtblick lieferten die kräftig gestiegenen chinesischen Außenhandelszahlen. Entscheidend für die heimische Konjunktur sei aber, wie sich die Verbraucher im wichtigen Weihnachtsgeschäft verhielten, gab Finanzmarkt-Experte Sebastian Galy vom Vermögensverwalter Nordea Investments zu Bedenken. Dem Ölpreis verhalfen die China-Daten zu Rückenwind. Die Sorte Brent aus der Nordsee verteuerte sich um 1,7 Prozent auf 42,43 Dollar je Barrel (159 Liter).
Bei südeuropäischen Staatsanleihen griffen Investoren ebenfalls zu. Dies drückte die Renditen der zehnjährigen Titel aus Italien und Griechenland jeweils auf erneute Rekordtiefs von 0,656 und 0,771 Prozent. Angesichts der trüben Konjunkturaussichten wachse der Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB), ihre Wertpapierkäufe auszuweiten, sagte Christian Lips, Chef-Volkswirt der NordLB.
rtr