Nach der jüngsten Kursrally komme diese Verschnaufpause am Tag vor den Beratungen der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht überraschend, sagte Roland Kaloyan von der Bank Societe Generale. Eine Änderung der lockeren Geldpolitik sei zwar nicht zu erwarten. "Aber wie üblich besteht immer das Risiko, dass ein Wort von den Anlegern falsch verstanden oder falsch interpretiert wird."

BITCOIN UNTER DRUCK


Genährt wurden die Inflationsängste von den anhaltend hohen Energiepreisen, obwohl auch die Ölpreis-Rally ein vorläufiges Ende fand. Craig Erlam, Marktanalyst des Brokerhauses Oanda, sprach von gesunden Gewinnmitnahmen. Wegen des anhaltenden Nachfrage-Überhangs sehen Experten den Ölpreis in den kommenden Wochen bei 90 bis 100 Dollar. Am Mittwoch verbilligte sich die Sorte Brent aus der Nordsee allerdings um 1,2 Prozent auf 85,36 Dollar je Barrel (159 Liter). Der Gaspreis ging in Europa ebenfalls zurück und lag 2,3 Prozent tiefer bei 86,475 Euro je Megawattstunde.

Unter Verkaufsdruck stand auch Bitcoin. Der Kurs der ältesten und wichtigsten Cyber-Devise fiel um knapp sechs Prozent auf 58.610 Dollar, nachdem er vergangene Woche ein Rekordhoch von knapp 67.000 markiert hatte. "Der ganze große Appetit auf Bitcoin & Co ist kurzfristig gestillt", sagte Analyst Timo Emden von Emden Research. Frische Impulse könnten von börsennotierten Fonds (ETFs) kommen, die direkt in Kryptowährungen investieren. Bislang stecken diese das Geld meist in Terminkontrakte.

DEUTSCHE BANK UND SANTANDER KÖNNEN NICHT ÜBERZEUGEN


Am deutschen Aktienmarkt konnte die Deutsche Bank den fünften Quartalsgewinn in Folge nicht in Kursgewinne ummünzen. Offenbar schenkten Investoren den Geschäftszielen des Geldhauses kein Vertrauen, sagte Analyst Konstantin Oldenburger vom Online-Broker CMC Markets. "Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Deutsche Bank in der Zeit vor dem aktuellen Vorstandsvorsitzenden ihre Ziele oft weit verfehlt hat." Ihre Aktien fielen um 5,2 Prozent, nachdem sie in den vorangegangenen Wochen knapp 20 Prozent zugelegt hatten.

Auch Banco Santander lockte mit einem Gewinnsprung keine neuen Investoren an. Die überraschend hohen Kosten überschatteten die insgesamt soliden Zahlen, schrieben die Analysten von JPMorgan. Vor diesem Hintergrund machten Anleger Kasse und drückten Santander in Madrid 2,5 Prozent ins Minus.

"HARRY POTTER"-VERLAG VERDREIFACHT GEWINN


In London verbuchten Bloomsbury dagegen mit einem Plus von gut elf Prozent den zweitgrößten Kurssprung des Jahres. Dank der gestiegenen Leselust während der Corona-Lockdowns verdreifachte der Verleger der "Harry Potter"-Buchreihe seinen operativen Gewinn auf einen Rekordwert von umgerechnet 15,3 Millionen Euro. "Investitionen in qualitativ hochwertige Inhalte schüren robuste und wachsende Nachfrage von Kunden", lobte Analyst Alastair Reid vom Vermögensverwalter Investec. Er halte die Papiere weiterhin für unterbewertet.

In Zürich steuerte Temenos dank Übernahmespekulationen auf den größten Tagesgewinn seit rund acht Monaten zu. Sie stiegen in der Spitze um gut 16 Prozent. Bloomberg zufolge hat der Finanzinvestor EQT ein Auge auf den Spezialisten für Banken-Software geworfen. "Nicht undenkbar", kommentierten die Experten des Geldhauses Credit Suisse.

rtr