Allerdings verlor die Preisrally am Nachmittag an Dynamik, was die Verluste an den Aktienmärkten eingrenzte. Der Dax lag ein Prozent im Minus bei 12.957 Punkten. An den US-Börsen ging es bis zu 1,5 Prozent abwärts. Der EuroStoxx grenzte seine Verluste indes stärker ein und lag noch 0,4 Prozent niedriger bei 3542 Punkten.
Trotz Forderungen aus der Ukraine und Überlegungen in den USA stemmt sich die Bundesregierung gegen einen Importstopp aus Russland. Über die Hälfte des Gas-Bedarfs hierzulande stammt aus Russland und mehr als ein Drittel des Öls. "Bei einem Verbot von Energie-Importen werden wir kurzfristig in eine Situation kommen, in der die Regierungen bestimmte Rohstoffe rationieren müssen", warnte Elwin de Groot, Chef-Anlagestratege der Rabobank. "Es wächst die Furcht, dass der Konflikt die Weltwirtschaft, die sich bereits jetzt mit der Überwindung der Pandemie-Folgen schwer tut, belastet", sagte Kunal Sawhney, Chef des Research-Hauses Kalkine. Die Hoffnung auf eine kräftige Konjunkturerholung schwänden. Von den Notenbanken sei keine Hilfe zu erwarten, warnte Anlagestratege Jürgen Molnar vom Brokerhaus RoboMarkets. "Im besten Fall halten sie die Füße still, statt wie angekündigt die Zinsen zu erhöhen."
ROHSTOFFPREISE HOCH - GEWINNMITNAHMEN BEGRENZEN ANSTIEG
Wegen der Embargo-Diskussion sprang der Erdgas-Future bis auf ein Rekordhoch von 335 Euro je Megawattstunde, grenzte sein Plus anschließend aber auf noch 15 Prozent auf 236 Euro ein. Der Preis für die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee sprang zeitweise um knapp 20 Prozent nach oben und erreichte mit 139,13 Dollar je Barrel (159 Liter) ein 13-1/2-Jahres-Hoch. Auch hier nahmen Anleger daraufhin Gewinne mit, am Nachmittag lag der Preis noch bei 123 Dollar. "Bei einer Sanktion sämtlicher russischer Energie-Exporte würde mich ein Brent-Preis von mehr als 200 Dollar nicht überraschen", sagte Volkswirt Howie Lee von der Bank OCBC.
Auch bei den Preisen für Gold, Silber und Palladium ging es nach einem steilen Anstieg wieder bergab. Alle drei Metalle notierten im Minus. Das bei der Stahl-Herstellung eingesetzte Nickel legte einen Rekord-Kurssprung von gut 41 Prozent hin und notierte mit 40.915 Dollar je Tonne so hoch wie zuletzt vor fast 15 Jahren. "Das Angebot war ohnehin schon knapp", sagte Kalkine-Experte Sawhney. "Wenn ein großer Lieferant ausfällt, löst das einen Kaskadeneffekt aus."
Der Weizenpreis gab nach dem Sprung auf ein Allzeithoch von 424 Euro je Tonne einen Teil der Gewinne ab. Der europäische Future stand noch acht Prozent höher bei 401 Euro je Tonne. "So lange die Kämpfe in der Ukraine nicht enden, ist eine Wiederaufnahme der Exporte aus Russland und der Ukraine nicht zu erwarten", sagt ein Börsianer. Da die Abnehmer nun verzweifelt auf der Suche nach anderen Quellen seien, drohten Ausfuhr-Beschränkungen anderer Produzenten. Ungarn hat Weizen-Exporte bereits mit sofortiger Wirkung verboten.
BANKEN UNTER DRUCK - RÜSTUNGSWERTE GEFRAGT
Spekulationen auf Geschäftseinbußen wegen der drohenden Rezession schickten die heimischen Finanzwerte auf Talfahrt. Der Index für die Banken der Euro-Zone.SX7E verlor vier Prozent. Besonders hart traf es Institute mit einem großen Russland-Engagement. Die Titel der Raiffeisen BankRBIV.VI, der Societe Generale und der HypoVereinsbank-Mutter Unicredit verbuchten ein Minus von bis zu sechs Prozent.
Gefragt blieben hingegen Rüstungswerte. Die Aktien von BAE Systems zogen in London um 7,7 Prozent an, Rheinmetall gewannen in Frankfurt 3,6 Prozent. An der Pariser Börse legten Thales bis zu 8,1 Prozent zu und notierten auf dem höchsten Stand seit knapp dreieinhalb Jahren.
rtr