Dax und EuroStoxx50 lagen am frühen Nachmittag jeweils knapp im Plus bei 12.856 beziehungsweise 3515 Punkten, nachdem sie in den vergangenen beiden Wochen wegen des russischen Einmarschs in die Ukraine um etwa zwölf Prozent abgerutscht waren. "Die Erholung basiert wohl auf der Tatsache, dass wir für eine kurze Zeit keine weiteren erschütternden Nachrichten erhalten haben", sagte Craig Erlam, Marktanalyst des Brokerhauses Oanda.
Die Verunsicherung über die weitere Entwicklung in der Ukraine verhindere aber zusätzliche größere Kursgewinne, sagte Emmanuel Cau, Chef-Anlagestratege für europäische Aktien bei der Barclays Bank. Außerdem versuchten sich Anleger verstärkt gegen eine mögliche Stagflation - eine stagnierende Wirtschaft bei gleichzeitig steigender Inflation - zu wappnen.
ANLEIHEN UND GOLD HOCH IM KURS
Vor diesem Hintergrund blieben inflationsgeschützte Anleihen gefragt. Dies hielt die Renditen der zehnjährigen Titel aus Deutschland und Frankreich mit minus 2,383 beziehungsweise minus 2,137 Prozent nahe ihren jüngsten Rekordtiefs.
Andere "sichere Häfen" wie Gold waren ebenfalls gefragt. Der Preis für das Edelmetall stieg um bis zu 1,1 Prozent auf 2020,80 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Für europäische Anleger markierte er mit 1860,47 Euro je Feinunze den dritten Tag in Folge ein Rekordhoch.
NICKELPREIS SEIT WOCHENBEGINN VERDREIFACHT
Gleichzeitig geriet der Preis für Nickel außer Rand und Band. Das zur Stahl-Herstellung benötigte Metall verbuchte einen Rekord-Kurssprung von 111 Prozent und war mit 101.365 Dollar je Tonne so teuer wie nie. Commerzbank-Analyst Daniel Briesemann machte neben den Spekulationen auf Lieferengpässe einen sogenannten Short Squeeze hierfür verantwortlich. Einige Anleger, die auf fallende Kurse gesetzt hätten, seien offenbar vom Ukraine-Krieg auf dem falschen Fuß erwischt worden. Die Metallbörse LME setzte den Handel mit Nickel vorerst aus.
Palladium war auf Berg- und Talfahrt. Das in Autokatalysatoren verwendete Edelmetall notierte 1,6 Prozent im Minus bei 2955 Dollar je Feinunze, blieb damit aber auf Tuchfühlung mit seinem jüngsten Rekordhoch. Fahrzeug-Hersteller könnten verstärkt auf Platin als Ersatz ausweichen, prognostizieren die Experten des Edelmetall-Verarbeiters Heraeus. Platin kostete zuletzt 1132 Dollar.
ENERGIE BLEIBT TEUER
Daneben schürte die Diskussion um einen Bann russischer Öl- und Gaslieferungen die Furcht vor einer Energiekrise. "Das ist ein Spiel mit dem Feuer, bei dem es darum geht, wer wem drohen kann", sagte Analyst Kyle Rodda vom Brokerhaus IG. Laut Insidern steht ein US-Importstopp für russisches Öl unmittelbar bevor. Russland brachte seinerseits eine Einstellung von Gas-Lieferungen ins Gespräch.
Vor diesem Hintergrund stieg der europäische Erdgas-Future zeitweise um 33 Prozent, notierte zuletzt aber rund ein Prozent tiefer bei 213 Euro je Megawattstunde. Die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee verteuerte sich um 4,6 Prozent auf 128,87 Dollar je Barrel (159 Liter).
BANKEN IM AUFWIND
Am europäischen Aktienmarkt zählten Banken zu den Gewinnern. Ihr Index steuerte mit einem Plus von bis zu 5,2 Prozent auf den größten Tagesgewinn seit mehr als einem Jahr zu. Angeführt wurde die Rally von Instituten wie Raiffeisen BankRBIV.VI oder Societe Generale, die wegen ihres großen Russland-Engagements zuletzt bis zu 40 Prozent ihres Wertes eingebüßt hatten.
Gefragt waren auch Telecom Italia, die in Mailand bis zu zwölf Prozent zulegten. Einem Medienbericht zufolge hat der Finanzinvestor KKR wieder bessere Chancen für eine Übernahme des Ex-Monopolisten, da die Anleger von der Strategie des Telecom Italia-Managements nicht überzeugt seien.
rtr