Angesichts des Notenbankertreffens in Jackson Hole blieben die Investoren auf der Hut. Mit Spannung warteten die Anleger vor allem auf die Rede von Fed-Chef Jerome Powell, der am Freitag, am zweiten Tag der Konferenz, sprechen sollte. "Die Frage dürfte sein, wie die Notenbanken, vorneweg die Federal Reserve, es schaffen wollen, die Teuerungsrate in die Knie zu zwingen, ohne jedoch die Wirtschaft in eine große Rezession zu schicken", sagte Christian Henke vom Broker IG.
Dass es um die Wirtschaft hierzulande auch zunehmend schlechter bestellt ist, zeigte der Ifo-Index am Vormittag. Die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft hat sich im August zum dritten Mal in Folge eingetrübt. Der Ifo-Geschäftsklimaindex fiel zwar nur minimal um 0,2 auf 88,5 Punkte, markierte aber zugleich den tiefsten Stand seit Juni 2020. "Wegen beständig steigender Gaspreise, Materialmangels und niedriger Flusspegel werden es Unternehmen weiter schwer haben", sagt Alexander Krüger, Chefvolkswirt bei der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. "Eine Rezession im Winterhalbjahr ist ein Done Deal, bei Dauer und Tiefe drohen böse Überraschungen."
EURO SCHWANKT UM PARITÄT ZUM DOLLAR
Anleger rätseln derzeit, wie die US-Notenbank und die EZB auf die anhaltende Inflations- und Rezessionsängste reagieren werden. Volkswirte rechnen mit einer Zinserhöhung der Fed um einen halben Prozentpunkt am 21. September. Händler halten auch mehr für möglich. Aktuell liegt der US-Leitzins in der Spanne von 2,25 bis 2,50 Prozent. Auch im Euroraum gehen die Investoren davon aus, dass im September ein kräftiger Zinsschritt vor der Tür stehen dürfte. Die EZB hat die Zinswende im Juli mit einer überraschend kräftigen Anhebung um einen halben Punkt auf 0,50 Prozent eingeleitet - die erste Erhöhung des geldpolitischen Schlüsselsatzes seit elf Jahren. Der Euro konnte von der Aussicht auf weiter steigende Zinsen bislang jedoch nicht profitieren. Zu Wochenbeginn war er mit 0,9899 Dollar auf den niedrigsten Wert seit 20 Jahren gefallen. Am Donnerstag erholte er sich leicht und schwankte um die Parität zum Dollar. Im Juli hatten die drohende Rezession in der Euro-Zone und der wachsende Zinsabstand zu den USA den Kurs des Euro erstmals seit 2002 unter einen Dollar rutschen lassen.
GASPREISE WEITER IM AUFWIND
Erneut angefacht wurden die Konjunktursorgen am Donnerstag durch die weiter steigenden Gaspreise: Der europäische Future stieg um bis zu 5,7 Prozent auf 317 Euro je Megawattstunde. Das ist der höchste Stand seit Anfang März. Bangen Blickes schauen die Anleger auf die nächste Woche, da der russische Exporteur Gazprom angekündigt hat, zum Monatsende erneut vorübergehend den Betrieb der Pipeline Nord Stream 1 wegen Wartungsarbeiten zu unterbrechen.
Auch auf der Unternehmensseite ließ das Thema Gas die Anleger nicht los. Uniper gingen nach einer Verkaufsempfehlung der Citigroup im MDax auf Tauchstation und verloren bis zu 6,8 Prozent. Die Analysten verwiesen darauf, dass der Anteil der Aktionäre durch das staatliche Unterstützungspaket stark verwässert werde. Die Bundesregierung hat ein milliardenschweres Hilfspaket geschnürt, weil Uniper wegen der Gas-Lieferkürzungen Russlands hohe Verluste schreibt.
Belastet wurde die Aktie laut Händlern zudem durch Spekulationen, die Staatsbank KfW könnte zu einem noch stärkeren Engagement beim angeschlagenen Energiekonzern gezwungen sein. Seit Beginn der Gespräche über Hilfen für den Versorger im Juni seien die Gaspreise nochmal deutlich gestiegen, sagten zwei Insider der Nachrichtenagentur Reuters. Die im Juli vereinbarte Hilfe habe nur vage die Möglichkeit einer Aufstockung beschrieben. Dies könne bis Mitte September geklärt werden. Die ganze Gemengelage verschrecke die Anleger, sagte ein Börsianer. Die Uniper-Mutter Fortum bekommt die Gaskrise ebenfalls zu spüren. Die Gruppe verzeichnete im zweiten Quartal bei einem Betriebsergebnis von 574 Millionen Euro einen Nettoverlust von 7,4 Milliarden Euro. Die Aktien verloren zeitweise 3,5 Prozent.
rtr