"Zinsen und Inflation bleiben die beiden Schreckgespenster für die Märkte", konstatierte Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. Die Sorge, dass die hohe Inflation in Verbindung mit den steigenden Zinsen zu einer Rezession führe, werde immer größer.
Ausgelöst wurde die Verkaufsstimmung am Markt bereits am Freitag durch die höheren Inflationsdaten in den USA. "Anleger dies- und jenseits des Atlantiks verabschieden sich gerade von dem Gedanken, dass die US-Notenbank einen umgänglichen Zinserhöhungszyklus einschlägt," sagte Timo Emdem von Emden Research. Der Dax rutschte zu Wochenbeginn in der Spitze um 2,4 Prozent auf 13.436 Zähler ab und markierte damit den tiefsten Stand seit fünf Wochen. Der EuroStoxx50 gab bis zu 2,6 Prozent nach. Die älteste Cyber-Devise Bitcoin fiel erstmals seit Dezember 2020 wieder unter die Marke von 25.000 Dollar - zeitweise notierte sie 18 Prozent niedriger bei 23.925 Dollar.
WIE STARK WIRD DIE FED AM MITTWOCH DIE ZINSEN ERHÖHEN?
Die US-Notenbank Fed hatte Anfang Mai den größten Zinsschritt seit 22 Jahren unternommen und den Leitzins um einen halben Punkt auf die neue Spanne von 0,75 bis 1,0 Prozent angehoben. Am Mittwoch steht ein weiterer Zinsentscheid in den USA an. Eine Anhebung um 50 Basispunkte auf dann 1,25 bis 1,5 Prozent sei eine ausgemachte Sache, schrieben die Analysten der LBBW in einem Kommentar. "Mit einem Anteil von elf Prozent werden mittlerweile sogar 75 Basispunkte eingepreist." Investoren fürchten, dass eine zu starke Erhöhung der Zinsen die Konjunktur abwürgen könnte.
Von den Zinsspekulationen profitieren konnte die US-Währung. Der Dollar-Index kletterte um bis zu 0,6 Prozent auf 104,75 Stellen, den höchsten Stand seit Mitte Mai. Der Euro hingegen fiel trotz der anvisierten Zinswende der EZB um 0,6 Prozent auf ein Vier-Wochen-Tief von 1,0454 Dollar. Am Anleihenmarkt trieb die Furcht vor einer Rezession und das Ende der EZB-Wertpapierkäufe zum Monatsende erneut die Rendite von Anleihen hoch verschuldeter Staaten wie Italien nach oben. Die Zinsen der zehnjährigen italienischen Bonds lagen mit vier Prozent auf dem höchsten Stand seit fast achteinhalb Jahren.
ANGST VOR NEUEN LOCKDOWNS IN CHINA
Am Rohstoffmarkt rückte neben der Zinsangst auch die Corona-Pandemie wieder in den Fokus. Nach der Aufhebung der Beschränkungen in der Wirtschaftsmetropole Shanghai drohen wieder neue Lockdowns in China. Diese dürften die Lieferkettenprobleme noch verschärfen und die Angst vor einer Rezession weiter schüren, prognostizierte Christian Henke vom Broker IG. Das US-Öl WTI und das Nordseeöl Brent verbilligten sich jeweils in der Spitze um 2,2 Prozent auf 119,35 beziehungsweise 118 Dollar je Fass. Kupfer wurde mit 9277 Dollar je Tonne 1,8 Prozent niedriger gehandelt.
Unter den Einzelwerten am deutschen Aktienmarkt konnten sich nur wenige Titel wie etwa Rheinmetall gegen den Trend im Plus halten. Der MDax-Wert legte in der Spitze 6,2 Prozent auf 215,60 Euro zu, nachdem die US-Bank Goldman Sachs die Aktien mit einer Kaufempfehlung in die Bewertung aufgenommen hatte. Für Kauflaune sorgte zudem, dass der Rüstungskonzern mit deutlich steigenden Umsätzen rechnet. Im Dax zählte der Chip-Konzern Infineon wie viele andere europäische Tech-Werte mit einem Abschlag von sechs Prozent zu den größten Verlierern.
In Paris gerieten die Aktien des französisch-österreichischen Biotechunternehmens Valneva ins Taumeln. Die Titel verloren fast 27 Prozent auf 7,65 Euro, nachdem die Firma am Freitag die Zukunft ihres Covid-19-Totimpfstoff infrage gestellt hatte.
rtr