Die Anleger haben deutschen Aktien am Donnerstag wegen aufgefrischter Zinssorgen und einem herben Rückschlag im globalen Tech-Sektor wieder den Rücken zugedreht. Vor allem nach der Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) war der Dax am Nachmittag stärker unter Druck geraten.

Schwache US-Börsen nach erschreckenden Zahlen des Facebook-Konzerns Meta trieben die Anleger ebenso um wie die wieder größer gewordenen Zinssorgen. Ungeachtet einer im Januar rekordhohen Teuerung in der Eurozone hält die EZB zwar an ihrem ultralockeren geldpolitischen Kurs fest. Im geldpolitischen Rat herrsche aber durchweg Besorgnis wegen der Entwicklung, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde nach der Zinssitzung.

Für die nächste Sitzung im März kündigte sie eine genauere Untersuchung an, laut der NordLB wird danach eine zügigere Straffung der Geldpolitik wahrscheinlich. Wie Chefvolkswirt Christian Lips von der Landesbank betonte, wiederholte Lagarde auch nicht die Aussage, dass eine Zinserhöhung in 2022 sehr unwahrscheinlich sei. Damit habe sie "letztlich die Tür für einen ersten Zinsschritt noch in diesem Jahr aufgestoßen", so der Experte.

Was am Donnerstag an der Börse außerdem wichtig war


Siemens Healthineers profitiert von höherer Nachfrage nach Schnelltests
Der Medizintechnikkonzern Siemens Healthineers erhöht nach einem besser als erwartet ausgefallenen ersten Quartal die Prognose für das Geschäftsjahr 2021/22. So war die Nachfrage nach Antigen-Schnelltests zum Nachweis von Covid-19 mit dem Aufkommen der Omikron-Variante in Europa zuletzt höher als zuvor angenommen. Zudem haben die Tests nun auch eine Notfallzulassung in den USA erhalten. Eigentlich hatte Healthineers damit gerechnet, dass das Geschäft mit den Schnelltests stärker abebben dürfte. Die Healthineers-Aktie lag am späten Vormittag mit einem Plus von knapp einem Prozent im Spitzenfeld des Dax , der leicht nachgab. Zuletzt notierte sie noch 0,5 Prozent höher.

Infineon kann Prognose dank Euro-Schwäche erhöhen - Aktie fällt
Ein starkes erstes Quartal und ein schwacher Euro sorgen beim Halbleiterhersteller Infineon für noch mehr Optimismus. Der Chipkonzern hob am Donnerstag bei der Zahlenvorlage seine Umsatzprognose für das Geschäftsjahr 2021/22 (30. September) um 300 Millionen auf 12,5 bis 13,5 Milliarden Euro an. Auch beim operativen Gewinn erwartet Infineon mehr, nachdem der Konzern die Erwartungen im ersten Quartal übertroffen hatte. An der Börse ging es für den Dax-Konzern dennoch deutlich nach unten. Händler verwiesen auf die Aussagen des Unternehmenschefs Reinhard Ploss, dass die Liefersituation in einigen Anwendungsbereichen noch weit in das Kalenderjahr angespannt bleiben wird.

Nutzer-Wachstum bei Facebook stockt - Aktie im Sturzflug
Facebook hat ein Tiktok-Problem: Das weltgrößte Online-Netzwerk hat im vergangenen Quartal erstmals kaum neue Nutzer dazugewonnen. Die Zahl täglich aktiver Mitglieder sank sogar binnen drei Monaten um rund eine Million. Bei monatlicher Aktivität gab es ein für Facebook-Verhältnisse mageres Plus von zwei Millionen. Zusammen mit der Enttäuschung über die Umsatzprognose für das laufende Quartal trieben die Zahlen Anleger in die Flucht: Die Aktie des Dachkonzerns Meta verlor in einem spektakulären Kurssturz im vorbörslichen Handel am Donnerstag rund ein Fünftel ihres Werts.

Spotify-Prognose lässt Aktie fallen
Der Musikstreaming-Marktführer Spotify hat inmitten der Kontroverse um Corona-Informationen auf seiner Podcast-Plattform die Erwartungen mit der Prognose für das laufende Quartal verfehlt. Die Aktie fiel in einer ersten Reaktion am Mittwoch zunächst um mehr als 17 Prozent, zum vorbörslichen Handel am Donnerstag beruhigten sich die Anleger etwas und das Minus flachte auf gut 8 Prozent ab.

T-Mobile US rechnet mit überraschend starkem Kundenwachstum
Der Mobilfunkanbieter T-Mobile US geht mit großer Zuversicht ins neue Jahr. Anders als die Konkurrenz rechnet das Unternehmen mit einem starken Kundenwachstum in den kommenden Monaten, wie die Deutsche-Telekom-Tochter am Vorabend in Bellevue (US-Bundesstaat Washington) mitgeteilt hatte. An der Börse kam das gut an.

Diagnostik-Sparte beflügelt Roche - Ausblick enttäuscht
Gute Geschäfte mit Tests auf Covid-19 haben das Wachstum von Roche im vergangenen Jahr angeschoben. Allerdings dürfte das Corona-Geschäft des Pharma- und Diagnostikkonzerns in diesem Jahr deutlich an Schub verlieren, wie das Management am Donnerstag bei der Zahlenvorlage signalisierte. Auch sonst klingt der Ausblick der Schweizer eher vorsichtig. An der Börse ging es folglich für die Aktie kräftig nach unten.

Großküchen-Ausstatter Rational macht wieder gute Geschäfte
Nach einer schwierigen Corona-Zeit florieren bei Rational wieder die Geschäfte. Die anziehende Nachfrage aus der Gastronomie und Hotellerie hat dem Großküchen-Ausstatter im vergangenen Jahr deutlich mehr Umsatz und ein besseres Ergebnis beschert. Damit traf der Konzern zwar seine eigenen günstigsten Prognosen, allerdings bremsten die aktuellen Versorgungsengpässe den Jahresendspurt, wie Rational am Donnerstag in Landsberg am Lech mitteilte.

Hannover Rück schafft Milliardengewinn im Katastrophenjahr - Kursrutsch
Der Rückversicherer Hannover Rück hat 2021 den immensen Zerstörungen durch Hurrikan "Ida" und Tief "Bernd" getrotzt. Obwohl Katastrophenschäden und die vielen Corona-Toten etwa in den USA teuer zu Buche schlugen, erreichte der Gewinn mit 1,23 Milliarden Euro fast das obere Ende der Vorstandsprognose. Für 2022 hatte sich Hannover-Rück-Chef Jean-Jacques Henchoz zuvor schon einen Rekordgewinn von 1,4 bis 1,5 Milliarden Euro zum Ziel gesetzt. Zum Jahreswechsel hat der Rückversicherer sein Geschäft bereits weiter ausgebaut und bei seinen Kunden höhere Prämien durchgesetzt, wie er am Donnerstag in Hannover mitteilte.

Erneuter Chefwechsel bei Siemens Gamesa - Energy-Manager übernimmt
Der angeschlagene Windanlagenbauer Siemens Gamesa tauscht schon wieder seinen Chef aus: Nach der zweiten Gewinnwarnung innerhalb von sechs Monaten muss Konzernlenker Andreas Nauen nach nicht einmal zwei Jahren im Amt seinen Hut nehmen. Der neue Chef Jochen Eickholt ist derzeit noch im Vorstand der Mutter Siemens Energy , die 67 Prozent an dem spanischen Unternehmen hält. Im ersten Quartal schrieb Gamesa millionenschwere Verluste.

Pharmakonzern Merck & Co mit Gewinnsprung im Jahr 2021
Der Pharmakonzern Merck & Co hat auch das letzte Jahresviertel 2021 besser abgeschlossen als am Markt erwartet. Dabei schrieb die US-Firma wieder schwarze Zahlen, nachdem im entsprechenden Vorjahresquartal noch ein Verlust wegen hoher Aufwendungen für einen Medikamentenrückruf und die Übernahme des Krebsforschers VelosBio angefallen war. Im Gesamtjahr schnellte der Gewinn somit auf 12,3 Milliarden Dollar (10,9 Mrd Euro) hoch, wie der Konzern am Donnerstag in Kenilworth mitteilte. 2020 waren es noch 4,5 Milliarden gewesen.

rtr/dpa-AFX/